I.Einleitung
Um die wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Krise für die Wirtschaft und die Allgemeinheit abzufedern, wurden in den vorangegangenen drei Corona-Steuerhilfe-gesetzen diverse steuerliche Erleichterungen umgesetzt. Am 10.06.2022 hat der Bundesrat dem „Viertes Gesetz zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise“ zugestimmt. Das Gesetz wurde am 22.06.2022 im Bundesgesetzblatt verkündet und ist damit in Kraft getreten.
Mit dem Gesetz werden zum einen Maßnahmen aus den drei vorangegangenen Gesetzen, die sich in der Vergangenheit bewährt haben, verlängert; zum anderen wurden mit dem Gesetz einzelne entlastende Maßnahmen aus dem Koalitionsvertrag der Ampelkoalition umgesetzt.
Im Folgenden werden die wesentlichen Gesetzesänderungen erläutert.
II. Änderungen des Einkommensteuergesetzes
a) Steuerfreie Coronazahlungen (§ 3 Nr. 11b EStG)
Vom Arbeitgeber zur Anerkennung besonderer Leistungen während der Corona-Krise an seine Arbeitnehmer geleistete Sonderzahlungen werden bis zu einem Betrag von 4.500 EUR steuerfrei gestellt. Voraussetzung ist, dass die Sonderzahlung zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird und dass die Arbeitnehmer in einer der im Gesetz aufgeführten Einrichtungen beschäftigt sind. Dies sind insbesondere Krankenhäuser, Einrichtungen für ambulantes Operieren, bestimmte Vorsorge- und Rehabilitationseinrichtungen, Dialyseeinrichtungen, Arzt- und Zahnarztpraxen, ambulante Pflegedienste, die ambulante Intensivpflege in bestimmten Einrichtungen erbringen, sowie Rettungsdienste.
Die gesetzliche Regelung betrifft Zahlungen, die in der Zeit vom 18.11.2021 bis zum 31.12.2022 gezahlt wurden bzw. noch gezahlt werden.
b) Zuschüsse zum Kurzarbeitergeld (§ 3 Nr. 28a EStG)
Die Steuerfreiheit von Zuschüssen zum Kurzarbeitergeld ist rückwirkend um 6 Monate bis zum 30.06.2022 verlängert worden.
c) Homeoffice-Pauschale (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG)
Die ursprünglich bis zum 31.12.2021 befristete Homeoffice-Pauschale ist um ein Jahr bis zum 31.12.2022 verlängert worden. Somit können Arbeitnehmer auch für den Veranlagungszeitraum 2022 eine Homeoffice-Pauschale in Höhe von 5 € für jeden vollen Tag, maximal 600 € jährlich geltend machen.
d) Abzinsung von unverzinslichen Verbindlichkeiten und Rückstellungen (§ 6 Abs. 1 Nr. 3 u. Nr. 3a Buchst. e EStG)
Bisher waren unverzinsliche Verbindlichkeiten mit einer Restlaufzeit von mindestens zwölf Monaten unter Berücksichtigung eines Zinssatzes von 5,5 % abzuzinsen. Aufgrund der aktuellen Niedrigzinsphase ist es jedoch sachlich nicht mehr begründbar, dass unverzinslichen Verbindlichkeiten ein Zinsanteil innewohnt. Die Regelung wurde daher für nach dem 31.12.2022 endende Wirtschaftsjahre aufgehoben.
Rückstellungen für Verpflichtungen sind jedoch weiterhin mit einem Zinssatz von 5,5 Prozent abzuzinsen, wenn deren Laufzeit am Bilanzstichtag mindestens 12 Monate beträgt. Rückstellungen für Verpflichtungen, die verzinslich sind oder auf einer Anzahlung oder Vorausleistung beruhen, sind davon ausgenommen.
e) Reininvestitionsrücklage (§ 6b EStG)
Die Fristen für Reinvestitionen nach § 6b EStG sind nochmals um ein Jahr verlängert und zusätzlich auf in 2022 endende Fristen verlängert worden. Sofern demnach eine Reinvestitionsrücklage am Schluss des nach dem 29.02.2020 und vor dem 1.1.2023 endenden Wirtschaftsjahres noch vorhanden ist und in diesem Zeitraum aufzulösen wäre, endet die Reinvestitionsfrist erst am Schluss des nach dem 31.12.2022 und vor dem 1.1.2024 endenden Wirtschaftsjahres.
f) Degressive AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter (§ 7 Abs. 2 Satz 1 EStG)
Die vorübergehend mit dem Zweiten Corona-Steuerhilfegesetz geschaffene Möglichkeit zur Inanspruchnahme der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens wird um ein Jahr verlängert. Damit kann die degressive AfA – in Höhe des zweieinhalbfachen der linearen AfA, höchstens jedoch 25% – auch auf in 2022 angeschaffte Wirtschaftsgüter angewendet werden.
g) Investitionsabzugsbeträge (§ 7g EStG)
Investitionsabzugsbeträge sind grundsätzlich bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzuges folgenden Wirtschaftsjahres für begünstigte Investitionen zu verwenden. Andernfalls sind sie rückgängig zu machen. Infolge der Corona-Pandemie wurde die Frist für in 2017 und 2018 abgezogene Beträge um ein bzw. zwei Jahre auf vier bzw. fünf Jahre verlängert. Infolgedessen können begünstigte Investitionen auch noch in 2022 getätigt werden. Die Frist für Investitionsabzugsbeträge, deren dreijährige oder bereits verlängerten Investitionsfristen in 2022 auslaufen, werden um ein weiteres Jahr auf vier, fünf oder sechs Jahre verlängert.
h) Erweiterte Verlustverrechnung (§ 10d Abs. 1 EStG)
Die Möglichkeiten einer erweiterten Verlustverrechnung werden bis Ende 2023 verlängert. Somit wird der Höchstbetrag beim Verlustrücktrag auch für die Jahre 2022 und 2023 auf 10 Mio. EUR bzw. auf 20 Mio. EUR bei Zusammenveranlagung angehoben. Der Verlustrücktrag wird darüber hinaus ab 2022 dauerhaft auf zwei Jahre ausgeweitet und erfolgt in die unmittelbar vorangegangenen beiden Jahre. Der Verlustrücktrag kann jedoch nicht mehr auf Antrag auf einen bestimmten Betrag reduziert werden, sondern der Steuerpflichtige kann sich nur insgesamt entweder für die Anwendung des Verlustrücktrags oder aber für einen Verzicht zugunsten des Verlustvortrags entscheiden.
Die Erweiterung des Verlustrücktrags besteht gleichermaßen auch für die Körperschaftsteuer.
Das Vierte Corona-Steuerhilfegesetz umfasst im Wesentlichen die Verlängerung von Regelungen, die sich bereits in den drei vorhergehenden Corona-Steuerhilfegesetzen bewährt haben. Es bündelt wirtschaftliche und auch soziale Maßnahmen, die weiterhin dazu dienen sollen, die Pandemiefolgen abzumildern. Mit dem Ukrainekrieg und der damit einhergehenden Energieknappheit ist jedoch eine neue Krise in den Vordergrund gerückt, die das Thema Corona zumindest in den jetzigen Sommermonaten deutlich zurückgedrängt hat.