1) Ich habe keine Erklärungsaufforderung erhalten, also brauche ich doch weiterhin nichts zu tun, oder?
Doch. Den Finanzbehörden steht es grundsätzlich frei, ob sie die Aufforderung zur Abgabe einer Grundsteuererklärung gegenüber jedem Grundstückseigentümer einzeln oder im Rahmen einer Allgemeinverfügung vornehmen. Eine Aufforderung zur Abgabe der Grundsteuererklärung erfolgte bereits Ende März durch eine öffentliche Bekanntmachung. Hierdurch wird jeder Eigentümer verpflichtet, die für die Feststellung der Grundsteuer notwendigen Tatsachen gegenüber dem für ihn zuständigen Finanzamt zu erklären. Einer persönlichen Aufforderung jedes Einzelnen bedarf es deshalb nicht mehr. Bereits seit dem 01.07.2022 können die Erklärungen abgegeben werden. Dies muss unabhängig von einer persönlich an Sie gerichteten Erklärungsaufforderung bis zum 31.10.2022 geschehen.
Die Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung trifft dabei ausschließlich den Eigentümer des Grundstücks. Eine Verpflichtung für die Mieter oder einen Hausverwalter besteht hingegen nicht. Das Nichteinreichen der Erklärung führt deshalb zu einer Pflichtverletzung, die allein dem Eigentümer zuzurechnen ist. Das gilt unabhängig davon, ob die Hausverwaltung bei der Einreichung der Erklärung freiwillig mithilft. Jedem Eigentümer ist daher zu raten, aktiv an der Abgabe der Erklärung mitzuwirken, da eine Nichtabgabe im schlimmsten Fall zu Verspätungszuschlägen führen kann.
2) Es wird doch sicherlich eine Verlängerung der Abgabefrist geben, oder?
Eine Verlängerung der Abgabefrist ist bisher noch nicht ergangen. Letztmöglicher Termin der Einreichung ist daher weiterhin der 31.10.2022. Die Erhebung der Grundsteuer in ihrer neuen Form erfolgt jedoch erst ab dem 01.01.2025. Aufgrund dessen und der Vielzahl der abzugebenden Erklärungen ist zum jetzigen Zeitpunkt jedoch nicht auszuschließen, dass die Abgabefrist verlängert werden könnte.
Hierauf sollten Sie sich jedoch nicht verlassen. Bereits zum jetzigen Zeitpunkt sind die meisten Steuerberaterbüros durch die hohe Zahl der Erklärungsfälle in Bezug auf die Grundstücksangaben (rund 36. Millionen Fälle in ganz Deutschland) vollständig ausgelastet. Es ist davon auszugehen, dass die Belastung der Steuerberater mit zunehmendem Nahen des Fristendes nur noch ansteigen wird. Für den einzelnen Grundstückseigentümer bedeutet das, dass es für ihn mit weiterem Voranschreiten der Zeit zunehmend schwieriger werden wird, selbst noch die Erklärung fristgerecht einzureichen oder einen Steuerberater zu finden, dem noch Kapazitäten zur Übernahme des Falls zur Verfügung stehen. Dementsprechend ist auch davon auszugehen, dass die (ver)späte(te) Erstellung der Erklärung im Einzelfall zu einem erhöhten Zeit- und Kostenaufwand führen wird. Wir empfehlen Ihnen daher, sich frühzeitig um die Abgabe der Erklärung zu kümmern.
3) Gibt es denn Gründe, die Bewertung durch einen Grundsteuerexperten durchführen bzw. die Erklärung erstellen zu lassen?
Ja, es sprechen viele Gründe dafür, sich von einem Grundsteuerexperten bei der Bewertung und Erstellung der Erklärung helfen zu lassen. So besteht eine Vielzahl von Fragen, die im Rahmen der Erklärung zu beantworten sind, weshalb sich die Erstellung der Erklärung häufig als besonders aufwendig und zeitintensiv herausstellt. Eine lückenhafte Erklärung wird in den allermeisten Fällen zu Rückfragen des Finanzamts und damit einhergehenden Aufforderungen zur Nachbearbeitung führen, die wiederum viel Zeit kosten. Durch die Einschaltung eines Experten wird Ihnen die Vollständigkeit der abgegebenen Erklärung gewährleistet. Im Fall etwaiger Rückfragen durch das Finanzamt, wendet sich dieses direkt an Ihren Berater, der die Fragen in Ihrem Interesse beantworten wird.
Die Erklärung bezüglich der Grundsteuer ist darüber hinaus verpflichtend in elektronischer Form an das Finanzamt zu
Die Erklärung bezüglich der Grundsteuer ist darüber hinaus verpflichtend in elektronischer Form an das Finanzamt zu übermitteln. Die Einreichung der Abgabe einer Erklärung in Papierform ist daher der Nichtabgabe gleichgestellt.
Für die elektronische Übermittlung wird in erster Linie das von der Finanzverwaltung bereitgestellte Portal „ELSTER“ verwendet. Auch diesbezüglich kann es ratsam sein, die Hilfe eines Experten heranzuziehen. Hierdurch ersparen Sie sich einerseits, ein ELSTER-Zertifikat beantragen zu müssen, ohne das eine Verwendung des Portals nicht möglich ist. Andererseits kommt es in der Praxis gerade bei der Anwendung des Portals durch Personen, die hiermit nicht vertraut sind, häufig zu Fehlern und Problemen in der Anwendung.
Grundsätzlich richtet sich die Berechnung der Grundsteuer nach einem bundesweit geltenden Verfahren. Sieben Bundesländer (Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Sachsen, Saarland, Hamburg, Niedersachsen) haben jedoch eigene Berechnungsmodelle entwickelt. Dementsprechend sind in diesen Bundesländern zum Teil andere Angaben gegenüber dem Finanzamt zu treffen als im übrigen Bundesgebiet. Dieser Umstand verkompliziert die Erstellung der Erklärungen für Personen, die Grundstücke in verschiedenen Bundesländern besitzen. Auch hier kann die Hinzuziehung eines Experten ratsam sein, der einen detaillierten Überblick über die Vorgaben der einzelnen Bundesländer hat. Des Weiteren berät Ihr Ansprechpartner Sie in allen grundsteuerrechtlichen Belangen und steht Ihnen zur Beantwortung jeglicher Fragen zur Verfügung.
Der Experte kann Ihnen außerdem die steuerlichen Auswirkungen Ihrer Steuererklärung und damit die genaue Höhe der Steuer berechnen. Die zeitnahe Ermittlung der von Ihnen in Zukunft zu entrichtenden Grundsteuer bietet Ihnen Gewissheit für die Zukunft und Planungssicherheit. Darüber hinaus kann Ihr Berater für Sie Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der Grundsteuerveranlagung in die Wege leiten.
4) Gestaltungsmöglichkeiten, welche denn?
Aus eigener Erfahrung können wir sagen, dass eine Vielzahl von Möglichkeiten besteht, gestalterischen Einfluss auf die Grundsteuerveranlagung zu nehmen. Ein Beispiel hierfür stellt die Bestimmung der Art Ihres Grundstücks dar. Das Gesetz kennt verschiedene Grundstücksarten, deren Bewertung im Einzelnen auf verschieden Weisen vorzunehmen ist. So kann gerade bei größeren Häusern unter Umständen zweifelhaft sein, ob es sich dabei um ein Ein- oder ein Zweifamilienhaus handelt. Die richtige Auswahl ist hier entscheidend, weil die Annahme eines Zweifamilienhauses im Ergebnis zu einem niedrigeren Ertragswert und damit letztlich auch zu einer niedrigeren Grundsteuerbelastung führt. Gleiches gilt für Grundstücke mit einer gemischten Nutzung. Hierbei handelt es sich um Grundstücke, die zu einem Teil Wohnzwecken und zu einem anderen Teil betrieblichen Zwecken dienen. Auch hier hat die Feststellung des genauen Verhältnisses von Wohnen und betrieblicher Nutzung eine direkte Auswirkung auf die abzuführende Grundsteuer.
Des Weiteren ist auch die Auslegung verschiedener vom Gesetz verwendeter Begriffe nicht immer auf den ersten Blick zu erkennen. Das gilt zum Beispiel für den Begriff der „Kernsanierung“. Der Nichtrechtskundige wird hier nach einigen durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen am Gebäude schnell dazu tendieren, dieses als kernsaniert zu erklären, ohne sich der Folgen dieser Angabe bewusst zu sein. Der Grundstückseigentümer kann bei der Abgabe seiner Erklärung über das Portal ELSTER die steuerliche Auswirkung seiner Angaben häufig nicht nachvollziehen. Es ist daher auch nicht ersichtlich, welche Folgen die Angabe einer Kernsanierung mit sich bringt. Geben Sie in Ihrer Steuererklärung an, dass das darauf befindliche Gebäude kernsaniert ist, kann dies unter Umständen bis zu einer Verdoppelung des Grundsteuerwerts und damit zu einer sehr viel höheren Grundsteuerbelastung führen. Die Finanzverwaltung nimmt eine Kernsanierung hingegen nur in wirklichen Ausnahmefällen an. Von einer Kernsanierung ist dabei erst auszugehen, wenn zum einen der Ausbau (u. a. Heizung, Fenster und Sanitäreinrichtungen) umfassend modernisiert und zum anderen der Rohbau teilweise oder ganz erneuert worden ist.
Außerdem kann der Experte Begünstigungen für Sie berücksichtigen. Solche bestehen zum Beispiel für denkmalgeschützte Gebäude. Befindet sich auf Ihrem Grundstück ein Gebäude, das dem Denkmalschutz unterliegt, kann dies zu einer Reduzierung des Grundsteuerwerts um bis zu 10% und damit zu einer Minderung der abzuführenden Grundsteuer führen. Die Begünstigung wird von dem Finanzamt jedoch nur dann berücksichtigt, wenn der Denkmalschutz in der Steuererklärung angegeben wird.
5) Welche Erfahrungen haben Sie nach 45 Tagen der Reform bisher gemacht?
In den letzten 45 Tagen haben wir bereits hunderte Grundsteuererklärungen für unsere Mandanten erstellt und auch schon an das Finanzamt übertragen. Dabei haben wir festgestellt, dass es nicht nur zu mannigfaltigen Eingabeproblemen kommen kann, sondern auch zu einer Reihe von Beratungs- und Entscheidungsfragen, die erheblichen Einfluss auf die Bewertung haben.
Zudem stellen wir fest, dass eine Vielzahl der Bewertungen zu niedrigeren Steuermessbeträgen (Ausgangsgröße des Finanzamts, auf den die Gemeinde später ihren Hebesatz zur Ermittlung der Grundsteuer anwendet) führen als es nach dem alten Einheitswertverfahren der Fall war. Insbesondere letzter Punkt lässt erahnen, dass mit einer Anhebung der Grundsteuer-Hebesätze der Gemeinden ab 2025 zu rechnen ist.