I. Einleitung
Am 10.06.2021 hat der Bundestag in Erfüllung der Richtlinie (EU) 2019/1151 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20.06.2019 zur Änderung der Richtlinie (EU) 2017/1132 das „Gesetz zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie“ (DiRUG vom 05.07.2021, BGBI. I 2021, 3338) beschlossen. Ziel der Digitalisierungsrichtlinie ist die Erleichterung des Einsatzes digitaler Technologien im Gesellschaftsrecht. Das DiRUG ist nunmehr am 01.08.2022 in Kraft getreten und bringt verschiedene Neuerungen mit sich. Hierzu zählen insbesondere die Möglichkeit der Online-Gründung von GmbHs, soweit es sich um Bargründungen handelt und die europaweite Errichtung von Zweigniederlassungen durch das „digitale Notariat“ sowie eine grundlegende Änderung des Registerwesens.
II. Erfolgreiche erste Online-Gründung einer Gesellschaft durch das „digitale Notariat“
Dabei kam es bereits kurz nach Inkrafttreten der Gesetzesänderungen am frühen Morgen des 01.08.2022 zur ersten Online-Gründung einer Mantelgesellschaft, wie im Online-Presseportal LTO berichtet wurde:
Hiernach soll künftig auf eine eigens von der Bundesnotarkammer entwickelte Videoplattform gesetzt werden, um die Sicherheit des Systems zu gewährleisten. Insbesondere in der Anfangsphase, wohl in den ersten zwei bis drei Wochen, können daher technische Störungen auftreten. Um Identitätsdiebstählen vorzubeugen, ist nach dem DiRUG die Vorlage einer eID-Karte (Personalausweis mit einem elektronischen Identitätsnachweis) und ein ausgelesenes Lichtbild erforderlich. Technische Voraussetzungen für den Rechtsanwender ist daher – neben PC/Laptop und Smartphone mit installierter „Notar-App“ – auch ein geeignetes qualifiziertes Ausweisdokument.
Für die Inanspruchnahme des „digitalen Notariats“ werden gem. § 78q Bundesnotarordnung (BnotO) zukünftig zusätzliche Gebühren durch die Bundesnotarkammer gegenüber den das System nutzenden Notaren erhoben, der diese als Auslagen den die Kosten der Beurkundung tragenden Personen weiterbelastet. Diese Gebühren betragen gem. § 2 Abs. 2 der Gebührensatzung für das notarielle Videokommunikationssystem (NotViko-GebS) für Online-Beurkunden 25 Euro und für Online-Beglaubigungen 8 Euro (vgl. hierzu die neue Nr. 32016 KV GNotKG n.F.).
Die Gesetzesnovelle stellt insbesondere für Rechtsanwälte eine erhebliche Arbeitsentlastung dar, von welcher auch unsere Mandanten profitieren werden. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Gründung der GmbH zumeist nur der Abschluss einer umfangreichen Beratung, insbesondere in gesellschafts- oder/und umwandlungsrechtlicher, familienrechtlicher, erbrechtlicher und nicht zuletzt steuerlicher Hinsicht, ist. Eine Online-Gesellschaftsgründung ohne vorherige Beratung sollte nur in äußerst einfach gelagerten Fällen in Erwägung gezogen werden.
III. Erneuerungen im Registerwesen
Neben der Onlinegründung können künftig auch Online-Beglaubigungen von Anmeldungen zum Handels-, Genossenschafts- und Partnerschaftsregister, etwa ein Geschäftsführerwechsel, über das „digitale Notariat“ erledigt werden. Zu beachten ist dabei, dass sich die Kosten, welche mit einer solchen Registeranmeldung und -eintragung einhergehen, erhöht haben. Hintergrund der Erhöhung ist, das zukünftig beispielsweise Auszüge aus dem Handelsregister kostenlos eingesehen werden können. Mit anderen Worten liegt eine Umlegung der Kostenlast auf die eintragenden Rechtspersonen vor.
Zusätzlich wurde die Offenlegungspflicht von Rechnungslegungsunterlagen von Kapitalgesellschaften dahingehend abgeändert, dass die Offenlegung für die Geschäftsjahre, die nach dem 31.12.2021 begonnen haben, unmittelbar elektronisch an die das Unternehmensregister führende Stelle zu erfolgen haben. Rechnungslegungsunterlagen, welche ein Geschäftsjahr betreffen, das vor dem 01.01.2022 begonnen hat, sollen jedoch weiterhin im Bundesanzeiger offengelegt werden.
Auch im Zusammenhang mit den Änderungen im Registerwesen gilt, dass diese eine vorherige Rechtsberatung nicht ersetzen können, sondern lediglich den Abschluss einer vorangegangenen Rechtsberatung vereinfachen. Mit anderen Worten: Die rechtliche Überprüfung, ob beispielsweise ein Geschäftsführer abbestellt werden kann, erübrigt sich durch die Gesetzesänderungen keineswegs. Auch ein möglicherweise zu fassender Gesellschaftsbeschluss sollte vor Anmeldung zum Handelsregister vom Rechtsanwalt überprüft und begleitet werden. Liegt eine vorbereitende, rechtliche Beratung vor, so wird der Abschluss einer solchen durch die neuen digitalen Möglichkeiten erheblich erleichtert.
IV. Fazit
Die Änderungen durch das DiRUG eröffnen für Gesellschafter von GmbHs neue Möglichkeiten. Interessant ist das neue System insbesondere für Personen, welche sich im Ausland befinden, da sie nicht anreisen bzw. keine notarielle Gründungsvollmacht (§ 2 Abs. 2 GmbHG) erteilen müssen. Durch das „Gesetz zur Ergänzung der Regelungen zur Umsetzung der Digitalisierungsrichtlinie und zur Änderung weiterer Vorschriften“ (DiREG vom 15.07.2022, BGBI. I 2022, 1146) wurde inzwischen ergänzend die Möglichkeit geschaffen, auch die notarielle Errichtung der Gründungsvollmacht durch Videokommunikation im Rahmen des digitalen Notariats vorzunehmen (vgl.§ 2 Abs. 2 Satz 2 GmbHG n.F.).
Aktuell sind die Möglichkeiten der Online-Beurkundung auf bestimmte Vorgänge, vor allem auf die Rechtsform der GmbH beschränkt. Eine Ausweitung der Online-Beurkundung auf die Aktiengesellschaft oder auf Personengesellschaften ist aktuell (noch) nicht vorgesehen. Probleme zeigen sich insbesondere dann, wenn es zu Unstimmigkeiten zwischen den Gesellschaftern kommt und eine vorherige Rechtsberatung unabdingbar wird.
Für den Fall, dass auch Sie die Gründung einer GmbH – insbesondere auch aus dem Ausland – planen, stehen wir Ihnen gerne mit Rat und Tat zur Verfügung.