Privatvermögen in der Familiengesellschaft
I. Ausgangssituation
Eltern werden älter und haben mit einer erfolgreichen beruflichen Laufbahn oder unternehmerischen Entfaltung einiges an Privatvermögen in Form von Immobilien und Kapitalvermögen anhäufen können. Unser Elternehepaar Hans und Hanni Ewig sind aufmerksame Leser von PNHR Aktuell und haben sich schon des Öfteren die Frage gestellt, ob eine Schenkung eines Teils der Vermögenswerte an den Sohn Egbert und die Tochter Elena sinnvoll sein könnte, um das Vermögen weitgehend von der drohenden Erbschaft-bzw. Schenkungsteuer zu entlasten.
Am liebsten würde unser Elternehepaar Ewig das Familienvermögen über mehrere Generationen erhalten, ohne das Risiko einzugehen, selbst zu verarmen, wenn im Alter etwas schief läuft.
II. Leitgedanken des privaten Familienvermögens
Hans und Hanni Ewig formulieren bei einer Flasche Rotwein auf Bierdeckeln ihre Wünsche, ohne sich die Frage zu stellen, ob das alles auf einmal erreichbar erscheint. Dafür haben sie schließlich wertvolle Berater. Die Zielsetzungen zur Bildung eines solchen generationenübergreifenden Familienvermögens werden am Ende des Brainstormings wie folgt formuliert:
1. Das Vermögen soll langfristig erhalten bleiben und nicht im Nachgang einer Schenkung zu einer Segelyacht verwertet werden.
2. Die nachfolgende Generation soll an den Erträgen des Vermögens partizipieren aber über das Vermögen selbst nicht frei verfügen dürfen.
3. Die Richtlinienkompetenz über die Vermögensverwaltung soll dem Elternehepaar vorbehalten bleiben.
4. Das Risiko der bösen Schwiegertochter oder des bösen Schwiegersohns soll minimiert werden.
5. Die schenkungsteuerliche Belastung soll vermieden oder minimiert werden.
6. Beim Immobilienvermögen soll keine Grunderwerbsteuer anfallen.
7. Das Vermögen soll nicht auf einen Schlag sondern sukzessiv auf die Kinder übertragen werden.
8. Die Steuerfreiheit von Veräußerungsgewinnen bei Immobilien soll gesichert sein.
9. Das Vermögen soll zusammengehalten werden.
10. Zukünftige Enkel sollen integrationsfähig sein, um generationenübergreifende Transaktionen vornehmen zu können mit erbschaftsteuerlichen Vorteilen.
11. Das „Kind“ soll einen Namen bekommen, damit es sich eigenständig entwickeln kann.
Mit 11 Punkten hat die traditionsbewusste cölnische Familie Ewig ihre Sammlung beendet, obwohl noch mehr drin gewesen wäre.
Die Frage ist, wie dieser bunte Blumenstrauß an Wünschen unter einen Hut gebracht werden kann. Die Lösung heißt: Gründung einer Familiengesellschaft.
III. Weshalb die normale Schenkung nicht funktioniert
Nehmen wir an, unser Elternehepaar Ewig verfügt über 5 Mehrfamilienhäuser und 3 Depots. Aus der Möglichkeit, Kinder in die Welt zu setzen, sind der Sohn Egbert und die Tochter Elena hervorgegangen. Egbert ist inzwischen volljährig und Elena mit 16 noch minderjährig.
Für die Schenkung an die minderjährige Tochter bedarf es eines Ergänzungspflegers bezüglich der Immobilien, da Immobilien auch mit Pflichten belastet sind. Bekommen die Kinder schon mal zwei Mehrfamilienhäuser, so könnten sie diese jederzeit verkaufen und das dafür erhaltene Geld für Unfug verwenden. Zugleich werden sie eine attraktive Zielscheibe für raffgierige Schwiegerkinder in spe. Von den Mieterträgen hat das Elternehepaar nichts mehr.
Ein Teil der Konflikte lässt sich vermeiden, wenn man zu der weit verbreiteten Gestaltung greift, die Mehrfamilienhäuser gegen Nießbrauchsvorbehalt an die Kinder zu übertragen. Damit bleiben aber die Erträge bei den Eltern und die Kinder haben nichts davon außer dem zivilrechtlichen Eigentum und dem Ärger mit den Mietern. Ein wirklicher Vermögenstransfer findet nicht statt. Mögliche positive steuerliche Effekte, die sich dadurch ergeben, dass die Mieteinkünfte bei den Kindern niedriger besteuert werden als bei den Eltern, bleiben ungenutzt. Ein Zusammenhalt des Familienvermögens ist ebenso wenig möglich, da die beiden Mehrfamilienhäuser nicht den Kindern gemeinsam gehören sondern jedem für sich.
IV. Gemeinsames Vermögen als Lösungsansatz
Der einfachste Weg, ein Vermögen zusammenzuhalten, besteht darin, dass dieses allen gemeinsam gehört. Das Vermögen ist entweder gesamthänderisch gebunden (Personengesellschaft) oder gehört einer Kapitalgesellschaft, an der die Familienmitglieder beteiligt sind. Das Vermögen gehört nicht unmittelbar den einzelnen Familienmitgliedern sondern einer Gesellschaft. Nicht der Gesellschafter bestimmt, ob Vermögenswerte verkauft oder auch gekauft werden, sondern die Geschäftsführung der Gesellschaft.
Das einzelne Familienmitglied kann in diesem Fall nur noch über seinen Gesellschaftsanteil verfügen. Aber auch dies lässt sich soweit regeln und einschränken, dass der Bestand des Familienvermögens als solches nicht gefährdet ist.
Die Frage ist, welche Gesellschaftsform für ein Familienvermögen die richtige ist. Grundsätzlich stehen hierfür die Gesellschaft bürgerlichen Rechts des BGB, die Handelsgesellschaften des HGB und die Kapitalgesellschaften (GmbH, UG, AG) zur Verfügung.
V. Steuerliches Privatvermögen als zentrale Vorgabe
Insbesondere bei Immobilienvermögen spielt die steuerliche Klassifizierung der Vermögensart eine sehr große Rolle. Immobilien im Privatvermögen genießen bis zum heutigen Tage ein für uns Deutsche selbstverständliches Privileg, dass viele andere Länder nicht kennen. Immobilienbesitzer können auf das Gebäude Abschreibungen geltend machen, selbst dann, wenn von vornherein feststeht, dass die Immobilie keine Wertminderung sondern eine Wertsteigerung erfahren wird. Verbleibt das Immobilienvermögen mindestens zehn Jahre im Privatvermögen, ist der erzielte Gewinn bei einer Veräußerung steuerfrei und zwar unabhängig von der Größenordnung. Wurde ein Mehrfamilienhaus im Jahre 1995 für Euro 1 Mio. erworben und wurden bis zum Jahre 2018 € 368.000 Abschreibungen einkommensmindernd verrechnet, bleibt bei einem Verkaufspreis von Euro 2.200.000 der in 2018 erzielte Buchgewinn von Euro 1.568.000 komplett steuerfrei.
Dieses Privatvermögensprivileg ist ein hohes Gut. Ein Familien-Immobilienvermögen ist ja keineswegs nur statisch auf den Bestand ausgerichtet sondern kann sich im späteren Verlauf durch sinnvolle Vermögensumschichtungen auszeichnen.
Das Steuerprivileg gilt nur für Privatvermögen. Deswegen scheiden alle Gesellschaftsformen aus, bei denen kraft Rechtsform Betriebsvermögen vorliegt. Somit kommen in der Regel Kapitalgesellschaften nicht in Betracht.
VI. Die Familien-GbR
Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist die einfachste Form, um ein Familienvermögen gesamthänderisch in einer Gesellschaft zu binden. Die Gründung einer GbR bedarf keiner Eintragung in einem öffentlichen Register und die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages kann sehr individuell vorgenommen werden. Der Gesellschaftsvertrag ist privatschriftlich, er bedarf keiner notariellen Beurkundung. Die GbR ist inzwischen auch grundbuchfähig, sodass frühere Hindernisse diesbezüglicher Art nicht mehr vorhanden sind.
Die GbR ist rein vermögensverwaltend tätig, sodass das dargestellte Steuerprivileg bei Immobilienvermögen erhalten bleibt. Dieser vermögensverwaltende Charakter muss streng beibehalten werden, da ansonsten die Steuerfreiheit vernichtet wird. Beispiel: eine Familien GbR besitzt ein Mehrfamilienhaus, in dem im Erdgeschoss eine Eisdiele untergebracht ist. Die fröhliche Familie beschließt, die Eisdiele selbst zu betreiben. Der Verkauf von Eis ist eine gewerbliche Betätigung. Während eine Privatperson steuerlich gesehen parallel eine Eisdiele als Gewerbebetrieb betreiben darf und ein Mehrfamilienhaus privat vermietet und verpachtet, ist dies bei einer Gesellschaft oder Gemeinschaft nicht möglich. Die teilweise Gewerblichkeit der Familien-GbR führt zur sogenannten Infektionswirkung und macht die private Vermietung zur gewerblichen Vermietung mit der Folge, dass das Mehrfamilienhaus Betriebsvermögen wird. Damit wird ein späterer Veräußerungsgewinn steuerpflichtig.
Dieses Risiko kann sogar bereits dann entstehen, wenn das Mehrfamilienhaus mit einem Blockheizkraftwerk ausgestattet wird und an den Energieversorger Strom verkauft wird. In diesem Fall muss für diese Stromerzeugung eine zweite, gewerbliche Familien-GbR unterscheidbar gebildet werden.
Der Gesellschaftsvertrag der Familien-GbR wird so gestaltet, dass die unter B. formulierten Leitgedanken des Familienvermögens zum Ausdruck kommen. Das Elternehepaar behält automatisch das Sagen, solange es über die Mehrheit der Gesellschaftsanteile verfügt. Auch wenn die Mehrheitsverhältnisse zugunsten der Kinder verschoben werden, lässt sich die alleinige Geschäftsführungskompetenz des Elternehepaars fortführen. So können die Stimmrechte abweichend von den Kapitalanteilen geregelt werden und die Geschäftsführung exklusiv dem älteren Ehepaar übertragen werden, zum Beispiel mit der Maßgabe, dass dies nur mit einer Mehrheit von 75 % der Stimmen oder mehr geändert werden kann.
Das Privileg der Grunderwerbsteuerfreiheit bei Übertragungen zwischen Ehegatten und Verwandten gerader Linie bleibt auch im Gesamtverbund der GbR erhalten.
Die erbschaftsteuerlichen Rahmenbedingungen sind prinzipiell die gleichen wie bei einer Übertragung von Einzelwerten. Überträgt das Elternehepaar zehn Jahre nach Gründung der Familien-GbR zum Beispiel weitere 20 % der Anteile unentgeltlich auf die Kinder, so gelten hierfür die gleichen Bewertungsregeln und auch die Freibeträge, die neuerlich genutzt werden können.
Die Gesellschafter der GbR können nicht frei über ihre Anteile verfügen sondern bedürfen hierzu der Zustimmung der anderen Familienmitglieder, denen im Übrigen das Recht zusteht, den Anteil selbst zu übernehmen, bevor er an fremde Dritte geht.
Besonders elegant ist, im Gesellschaftsvertrag zu vereinbaren, dass der zukünftige Ehepartner des Kindes besondere ehevertragliche Vereinbarungen treffen muss.
Ein Nachteil der GbR besteht darin, dass alle Familienmitglieder als Gesellschafter uneingeschränkt haften. Zunächst erscheint dies kein Unterschied zu sein zum unmittelbaren Privatvermögen, weil eine
Privatperson auch bezüglich einer allein ihm gehörenden Immobilie haftet. Dennoch stellt sich die Frage, ob man den Gedanken der Familiengesellschaft nicht um eine Haftungsbeschränkung erweitern soll. Besonders sinnvoll ist dies dann, wenn noch ein minderjähriges Kind in die GbR aufgenommen werden soll, weil bei einer GbR hierzu zwingend die Hinzuziehung eines Ergänzungspflegers notwendig ist. Der könnte als paragrafenorientierter fürsorglicher Beamter auf die Idee kommen, das Kind vor der Schenkung zu beschützen und damit Elena in die Anwartschaft schicken.
Gibt es eine Alternative zur Family Wealth Ewig GbR?
VII. Die Familien-KG (Kommanditgesellschaft)
Die Urform der Kommanditgesellschaft ist die Offene Handelsgesellschaft, bei der ebenso wie bei der GbR alle Gesellschafter vollumfänglich haften. Eine OHG kommt gleichwohl als Familiengesellschaft nicht in Betracht, weil sie den Betrieb eines Handelsgewerbes voraussetzt, was im Regelfall eine (steuerlich) gewerbliche Betätigung darstellt.
Bei der Kommanditgesellschaft ist dies anders. Die Kommanditgesellschaft kann ebenso wie die GbR rein vermögensverwaltend tätig sein und erzielt steuerlich Privateinkünfte aus Kapitalvermögen und Vermietung und Verpachtung. Sie kommt daher als Alternative zur GbR in Betracht.
Die Kommanditgesellschaft besteht aus mindestens einem voll haftenden Gesellschafter (Komplementär) und mindestens einem beschränkt haftenden Gesellschafter (Kommanditist). Der Kommanditist haftet nur mit seiner Einlage.
Eine Familien-KG könnte beispielsweise so aussehen, dass der Vater der Komplementär ist, während die Ehefrau und die Kinder als Kommanditisten beteiligt werden. Vermögens- und Gewinnverteilung sind frei gestaltbar, sodass mit einem sonst nicht notwendigen festen Kapitalanteil des Komplementärs seine Quote am Vermögen und am Gewinn definiert werden kann.
Charmant bei dieser Familien-KG ist, dass allein der Komplementär von Gesetz wegen zur Geschäftsführung befugt ist, sodass eine Sonderregelung der Geschäftsführung wie bei einer GbR, die im Übrigen im Außenverhältnis nachweisbar sein muss, nicht notwendig ist. Die Kommanditisten sind reine Anteilseigner und haben ansonsten nicht viel zu sagen und haben auch keinerlei Recht, auf die Geschäftsführung Einfluss zu nehmen.
Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil einer Familien-KG ist, dass sie im Handelsregister eingetragen ist und im Rechtsverkehr als eigene beachtliche Teilnehmerin auftreten kann. Obwohl es sich um eine private Vermietung und Verpachtung handelt, gibt sich die Familien-KG gegenüber Mietern, Banken und sonstigen Geschäftspartnern als hoch professionelle Gesellschaft aus.
Die Ewig-Familie denkt über die Gründung einer Ewig Wealth KG nach.
VI. Die Familien GmbH & Co. KG
Eine GmbH & Co. KG könnte erstrebenswert sein, wenn alle Gesellschafter nur beschränkt haften sollen. Dies wird durch die GmbH & Co. KG erreicht, bei der der Komplementär aus einer GmbH besteht, die lediglich mit ihrem Mindestkapital von Euro 25.000 haftet.
Zunächst türmt sich hier eine Hürde auf, weil üblicherweise GmbH & Co. KGs kraft Rechtsform steuerlich als gewerblich gelten. Wer sich die Gewerblichkeit kraft Rechtsform im Gesetz genau anschaut, wird feststellen, dass es hiervon eine Ausnahme gibt. Die Ausnahme lautet, dass Gewerblichkeit nicht von vornherein kraft Rechtsform vorliegt, wenn außer dem beschränkt haftenden Komplementär andere Gesellschafter, d. h. Kommanditisten zur Geschäftsführung befugt sind.
Unsere umtriebige Familie gründet also gleich zwei Gesellschaften, eine GmbH, die als Komplementärin haftet und eine KG mit vier Kommanditisten, bestehend aus Vater, Ehefrau, Sohn und Tochter.
Der Gesellschaftsvertrag der GmbH & Co. KG sieht vor, dass der Vater zur Geschäftsführung befugt ist und somit zum geschäftsführenden Kommanditisten befördert wird. Da er gleichzeitig Geschäftsführer der Komplementär-GmbH ist, kann er sich aussuchen, ob er als Vertreter der Komplementärin die Geschicke der GmbH & Co. KG leitet oder als geschäftsführender Kommanditist. Die GmbH & Co. KG ist nicht gewerblich tätig sondern vermögensverwaltend und es sind keine steuerlichen Nachteile zu befürchten.
Der Außenauftritt kann noch auf die Spitze getrieben werden, wenn man sich als Komplementärin statt einer GmbH eine AG leistet und nach außen als AG & Co. KG auftritt.
Hans und Hanni Ewig träumen von der HHE Ewig Wealth Property Aktiengesellschaft & Co. KG. Parallel zur existierenden Ewig Holding AG, die das gewerbliche Familienvermögen zusammenhält, kann nunmehr die Ewig-Dynastie bis zum Ende des Jahrhunderts gesichert werden.
VI. Fazit
Die Familiengesellschaft ist ein sinnvolles Instrument zur langfristigen Sicherung von Privatvermögen mit steuerlichem Optimierungspotential. Um es nutzen zu können, sind einige Fragen zu klären.
Für welche Rechtsform entscheidet man sich endgültig? Welcher Aufwand ist für welches Vermögen passend? Was kostet das Ganze? Wie kommt das Vermögen in die Familiengesellschaft? Welche Regelungen sind konkret zu treffen und wie sieht der Gesellschaftsvertrag aus? Wie schützt man sich vor Rechtsfehlern? Wie lässt sich der Appetit des Finanzamts auf Steuereinnahmen verhindern oder wenigstens zügeln?
Um diese Fragen zu klären, bedarf es einer Analyse, bei der wir Ihnen gerne behilflich sind.

I. Einleitung Für Unternehmen, die im europäischen Binnenmarkt in Bezug auf den Warenhandel grenzüberschreitend tätig sind, sind aus umsatzsteuerlicher Sicht sog. „Innergemeinschaftliche Lieferungen“, „Reihengeschäfte“ oder auch das „Innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft“ zentrale Themen in deren Alltagsgeschäft. Die korrekte umsatzsteuerliche Handhabung stellt die Unternehmen aber regelmäßig vor erhebliche praktische Herausforderungen. Innergemeinschaftliche Lieferungen sind nach § 4 Nr. 1 Buchst. b UStG in Verbindung mit § 6a UStG unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei, erfordern hierfür jedoch eine präzise Einhaltung der materiell-rechtlichen und formellen Anforderungen, unter anderem im Hinblick auf die Verwendung einer gültigen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die korrekte Abgabe der Zusammenfassenden Meldung. Fehler in der Abwicklung, wie unvollständige Nachweise oder fehlerhafte Meldungen, werden häufig erst im Rahmen von Betriebsprüfungen entdeckt und können zu erheblichen Steuernachzahlungen führen. Die Komplexität steigt weiter, wenn innergemeinschaftliche Lieferungen im Rahmen von Reihengeschäften erfolgen. Bei einem Reihengeschäft liegen mehrere Lieferungen zwischen verschiedenen Unternehmern vor, wobei die tatsächliche Warenbewegung direkt vom ersten Lieferer zum letzten Abnehmer erfolgt. Hierbei kommt es auf die umsatzsteuerliche Ortsbestimmung der einzelnen Lieferungen an. Die korrekte Zuordnung der sog. bewegten Lieferung ist letztlich entscheidend für die Steuerbefreiung. Dieser Beitrag befasst sich im Speziellen mit einer Sonderform des (grenzüberschreitenden) Reihengeschäfts, dem sog. Innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft. II. Funktionsweise und Zweck des Innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts 1. Funktionsweise Beim innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft handelt es sich um eine besondere Form des Reihengeschäfts. Folgende Voraussetzungen müssen vorliegen, damit ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft im Sinne von § 25b Abs. 1 UStG gegeben ist: Es muss eine mindestens dreigliedrige Umsatzkette mit Unternehmern, bestehend aus dem ersten Lieferer A, dem Zwischenhändler B und dem Abnehmer C, vorliegen und die Ware direkt vom Lieferer A zum Abnehmer C gelangen. Die Warenbewegung muss dabei zwischen zwei verschiedenen Mitgliedstaaten stattfinden und die Verantwortung für den Transport entweder beim ersten Lieferer A oder beim Zwischenhändler B liegen. Bei der Abwicklung müssen die beteiligten Unternehmer Umsatzsteuer-Identifikationsnummern aus verschiedenen Mitgliedstaaten verwenden. Liegt ein Dreiecksgeschäft in diesem Sinne vor, gibt es weitere Bedingungen, unter denen der Zwischenhändler B die nach der Gegenleistung zu bemessende Umsatzsteuer für den Umsatz mit Lieferort im Bestimmungsland auf den Abnehmer C übertragen kann. Bevor der Zwischenhändler B die Lieferung tätigt, muss er den Liefergegenstand vom ersten Lieferer A im Rahmen eines innergemeinschaftlichen Erwerbs erhalten haben. Für den Zwischenhändler B greift die Erleichterung durch die Übertragung der Steuerschuld auf den Abnehmer C aber nur dann, wenn der Zwischenhändler B im Bestimmungsland weder ansässig ist, noch eine von dort vergebene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer verwendet. Die Verwendung einer vom Bestimmungsland vergebenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer ist für die Anwendung der Steuerschuldumkehr hingegen dem Abnehmer C vorbehalten und zwingende Voraussetzung. 2. Zweck Letztlich bringt die Regelung zum innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft hauptsächlich Erleichterungen für den Zwischenhändler B in einem innergemeinschaftlichen Reihengeschäft, vor allem im Hinblick auf die Registrierungspflichten im Bestimmungsland der gehandelten Ware. Denn als Abnehmer für den Umsatz des ersten Lieferers A verwirklicht er beim Dreiecksgeschäft zum einen im Bestimmungsland den Tatbestand des innergemeinschaftlichen Erwerbs, zum anderen verschafft er bei seinem Folgeumsatz dem Abnehmer C die Verfügungsmacht erst im Bestimmungsland und löst dort wiederum einen umsatzsteuerbaren Vorgang aus. Beide Tatbestände würden ohne die Vereinfachungsregelung des § 25b UStG die steuerliche Registrierung des Zwischenhändlers B im Bestimmungsland erfordern. Durch die in § 25b Abs. 2 UStG geregelte Rechtsfolge kann der Zwischenhändler B jedoch die Umsatzsteuerschuld aus dem Umsatz an den Abnehmer C im Bestimmungsland auf diesen übertragen. Diesbezüglich entfällt eine Registrierungspflicht. Gleichzeitig ist mit dem Übergang der Steuerschuld auf den Abnehmer C die Rechtsfolge verbunden, dass in diesem Fall der innergemeinschaftliche Erwerb des Zwischenhändlers B zudem als besteuert fingiert wird. III. Praktische Hinweise und aktuelle Rechtsprechung 1. Beispiel Anhand eines einfachen Beispiels sollen nochmal die Funktionsweise und Vereinfachungen des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts verdeutlicht werden: Abnehmer C aus Polen bestellt beim Zwischenhändler B in Deutschland eine Maschine. B bestellt selbst beim Lieferer A aus Frankreich. A befördert die Maschine mit eigenem Lkw direkt aus Frankreich nach Polen und übergibt sie dort C. Alle drei Unternehmer verwenden jeweils ihre nationale Umsatzsteuer-Identifikationsnummer. Es liegt ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vor. Der Ort der ersten Lieferung des A, dem als warenbewegter Lieferung die Beförderung zugerechnet wird, befindet sich im Ursprungsland Frankreich und ist nach französischem Recht zu beurteilen (evtl. steuerfrei, A hat ggf. in Frankreich eine Zusammenfassende Meldung abzugeben). Zwischenhändler B muss einen innergemeinschaftlichen Erwerb in Polen versteuern (und hat dort in gleicher Höhe ggf. den Vorsteuerabzug). Der Lieferort der nachfolgenden Lieferung des B an C befindet sich in Polen, sodass diese Lieferung der polnischen Umsatzsteuer unterliegt. Der deutsche Zwischenhändler B müsste sich eigentlich in Polen umsatzsteuerlich registrieren lassen. Durch die Vereinfachungsregelung für innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte wird die Registrierung in Polen für B vermieden. Denn der im Bestimmungsland Polen ansässige letzte Abnehmer C übernimmt für den deutschen Zwischenhändler B die aus dessen Lieferung resultierende polnische Steuerschuld und C kann die nach § 25b UStG geschuldete Umsatzsteuer selbst als Vorsteuer abziehen, soweit er vorsteuerabzugsberechtigt ist. Der vom Zwischenhändler B in Polen getätigte innergemeinschaftliche Erwerb gilt als besteuert, also als erledigt. Der deutsche Zwischenhändler B wird letztlich von den Erklärungspflichten im Bestimmungsland Polen befreit. Jedoch muss B in seinem Ansässigkeitsstaat Deutschland seine Lieferung an C gegenüber den deutschen Finanzbehörden wie folgt erklären: In der USt-Voranmeldung bzw. -Jahreserklärung (ohne Umsatzsteuerschuld gem. § 25b UStG) sowie In der Zusammenfassenden Meldung mit Angabe der polnischen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer des Abnehmers C (dies soll der Kontrolle dienen, ob der Abnehmer C in Polen seinen umsatzsteuerlichen Pflichten nachkommt). Die Vereinfachungsregelung erfordert materiell-rechtlich zwingend, dass der mittlere Unternehmer in seiner Rechnung an den letzten Abnehmer des Dreiecksgeschäfts die Umsatzsteuer nicht gesondert ausweist, auf das innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäft hinweist (z. B. "Innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft nach § 25b UStG" oder "Vereinfachungsregelung nach Art. 141 MwStSystRL") den letzten Abnehmer auf die auf ihn überwälzte Steuerschuldnerschaft hinweist, seine eigene Umsatzsteuer-Identifikationsnummer und die des letzten Abnehmers im Dreiecksgeschäft angibt. 2. Praxishinweise Ein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft erfordert also zwingend, dass in der Rechnung des Zwischenhändlers auf die Steuerschuldnerschaft des Erwerbers bzw. Abnehmers hingewiesen wird. Diesbezügliche Abrechnungsfehler sind nicht rückwirkend heilbar. So haben EuGH (EuGH in der Rs. „Luxury Trust Automobil“; Urteil v. 8.12.2022 - C-247/21) und BFH (vgl. BFH, Urt. v. 17.7.24, XI R 35/22) aktuell entschieden. Der in § 14a Abs. 7 UStG geforderte Hinweis auf das Dreiecksgeschäft in der Rechnung des mittleren Unternehmers an seinen Abnehmer ist nach Auffassung des BFH in allen Fällen eine materiell-rechtliche Voraussetzung für die Anwendung des Dreiecksgeschäfts. Fehlen die entsprechenden Hinweise in der Rechnung, können die Vereinfachungsfolgen des innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäfts nicht eintreten. Da sich Unternehmen häufig gar nicht bewusst sind, dass sie an einem innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft beteiligt sind, sollten insbesondere die Buchhaltungsabteilungen darauf sensibilisiert werden, diese zu erkennen. Andererseits sind die Regelungen zum innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäft jedoch „nur“ ein Wahlrecht für den mittleren Unternehmer, so dass die Rechtsfolgen nur dann eintreten, wenn der mittlere Unternehmer die Anwendung auch klar und eindeutig beantragt. Sofern Unternehmen die Vereinfachungsregelung bewusst in Anspruch nehmen möchten, sollten sie auf die korrekte Umsetzung der strengen formalen Vorgaben achten, damit die Vereinfachungen auch wirklich eintreten. Dies erfolgt regelmäßig durch die Ausstellung von korrekten Rechnungen sowie der Deklaration in der lokalen Umsatzsteuer-Voranmeldung und in der Zusammenfassenden Meldung. Wird ein Dreiecksgeschäft falsch „umgesetzt“, kann dies für den mittleren Unternehmer zu erheblichem Mehraufwand und Kosten führen. Er muss sich ggf. nachträglich im Bestimmungsmitgliedstaat umsatzsteuerlich erfassen und dort innergemeinschaftliche Erwerbe sowie lokale Lieferungen erklären. Dies kann bei nachträglichem Erkennen zusätzlich zu Nachzahlungen oder gar Strafen führen. Bei der korrekten umsatzsteuerlichen Behandlung von Reihengeschäften im Allgemeinen oder der richtigen umsatzsteuerlichen Handhabung von innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften im Besonderen unterstützen wir Sie gerne. Setzen Sie sich bei Fragen mit Ihrem Pelka-Berater oder Herrn Di Wu in Verbindung oder füllen unser Kontaktformular aus.

Bereits in der Vergangenheit haben wir in unseren Beiträgen die steuerlichen und rechtlichen Aspekte rund um Influencer und Content-Creator beleuchtet. Nachdem die Finanzverwaltung einige Jahre den Schwerpunkt augenscheinlich nicht auf diese Steuerpflichtigen legte, ist aktuell eine deutliche Verschärfung seitens der Finanzämter zu beobachten: Von der Einrichtung von Sonder-Influencer-Teams bei den entsprechenden Behörden bis zur Zusammenarbeit mit den einschlägigen Online-Plattformen und der Initiierung neuer Ermittlungsmethoden: die Behörden gehen derzeit mit Nachdruck gegen Steuerhinterziehung im Bereich der Influencer und Content-Creator vor. So werden bereits jetzt Strafverfahren gegen in dieser Branche aktive Personen geführt. Gegenstand der Verfahren sind dabei im Durchschnitt steuerliche Fehlbeträge im hohen fünfstelligen Bereich, in Einzelfällen sogar in Millionenhöhe. I. Die steuerlichen Fallstricke im Überblick Die Wege, als Influencer und Content-Creator Einnahmen zu generieren, sind vielfältig, eine Einordnung daher oftmals unübersichtlich: Vergütungen für Klicks, Einnahmen aus Affiliate-Links oder Werbekooperationen, Abo-Zahlungen, „Trinkgelder“ für persönliche Fotos, Produktplatzierungen, Einnahmen aus der Teilnahme an TV-Formaten oder Preisgelder aus Gaming-Turnieren – und neue Konzepte keimen ständig auf, die laufend einer steuerlichen Einordnung bedürfen. Nicht alle Kreativen sind sich möglicherweise den steuerlichen Pflichten bewusst, die mit ihrer Tätigkeit verbunden sind. Dies führt teilweise zu immensen – teilweise sogar strafrechtlichen – Konsequenzen. Ob einkommen-, gewerbe-, umsatz- oder sogar schenkungsteuerlich – die steuerlichen Fallstricke sind vielschichtig. Mittlerweile dürfte allseits bekannt sein, dass in aller Regel auf die erzielten Einnahmen Einkommen- und Gewerbesteuer zu entrichten ist. Wer in Deutschland seinen Wohnsitz hat oder sich hier gewöhnlich aufhält, ist mit seinen gesamten Einkünften steuerpflichtig. Doch was einkommensteuerpflichtige Einkünfte sind, bedarf oftmals einer Prüfung im Einzelfall. In der Regel wird durch die Tätigkeit als Influencer oder Content-Creator zudem ein Gewerbebetrieb im Sinne des Gewerbesteuergesetzes begründet. Daraus resultiert sowohl eine Gewerbesteuerpflicht als auch weitere Verpflichtungen wie die Anmeldung bei dem zuständigen Gewerbeamt. Auch umsatzsteuerliche Pflichten sind nicht außer Acht zu lassen. Dabei kann bereits die Nichtangabe von Einkünften oder Umsätzen den Vorwurf der Steuerhinterziehung begründen. Zuletzt gingen zudem immer wieder Schlagzeilen durch die Presse, dass auch Geldgeschenke in Höhe von mehreren zehntausenden oder sogar hunderttausenden Euros keine Seltenheit darstellen. Auch derartige freiwillige Leistungen von Fans oder Kunden ohne entsprechende Gegenleistungen sind nicht steuerfrei, sondern als Schenkungen, sofern sie die Freibetragsgrenze überschreiten, zu versteuern und auch als solche gegenüber den Finanzbehörden anzuzeigen. II. Wegzug ins Ausland Immer mehr Influencer und Content-Creator wollen aufgrund der steuerlichen Belastung Deutschland den Rücken kehren. Doch auch ein Wegzug ins Ausland entbindet nicht automatisch von steuerlichen Pflichten in Deutschland und sollte vorher gut durchdacht und geplant werden. Zum einen ist auch derjenige, der zwar keinen Wohnsitz (mehr) in Deutschland hat, aber hier Einkünfte erzielt, beschränkt auf diese Einkünfte weiterhin in Deutschland steuerpflichtig. Zum anderen greift die deutsche erweiterte beschränkte Steuerpflicht, wenn zwar der Wohnsitz bzw. der gewöhnliche Aufenthalt ins Ausland verlagert wird, aber wesentliche wirtschaftliche Interessen in Deutschland behalten werden. Um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden, werden zwar vielfach internationale Abkommen herangezogen, doch gerade bei Zielstaaten mit niedriger oder überhaupt keiner Besteuerung bestehen hier oft Lücken. Eine frühzeitige steuerliche Planung ist daher unerlässlich. Daneben droht durch den Wegzug aus Deutschland zudem eine zwar einmalige, aber hohe Steuerbelastung durch eine sog. Entstrickung von Wirtschaftsgütern. Besonders relevant sind dabei die sog. selbst geschaffenen immateriellen Wirtschaftsgüter. Darunter können u.a. bestehende Kundenbeziehungen, Social-Media Accounts mit entsprechender Reichweite oder auch Private-Label-Produkte fallen. Durch die Entstrickung wird der in Deutschland entstandene Wertzuwachs dieser Vermögenswerte aufgedeckt und in Deutschland steuerpflichtig. III. Was tun bei Zweifeln, vermutetem Verstoß gegen steuerliche Pflichten oder geplantem Umzug? Sollten Sie befürchten, dass Steuererklärungen unvollständig waren oder Steuern nicht korrekt abgeführt wurden, ist ein schnelles, aber auch wohl überlegtes Handeln entscheidend. Die Möglichkeit einer Selbstanzeige bietet hier einen Weg, bestehende Steuerverstöße strafbefreiend zu bereinigen – vorausgesetzt, sie wird ordnungsgemäß und vollständig durchgeführt. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten: Eine fehlerhafte oder unvollständige Selbstanzeige kann die Vorteile zunichte und stattdessen das Finanzamt auf den Verstoß aufmerksam machen. Dies kann erhebliche, insbesondere auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Ähnlich verhält es sich bei einem geplanten Umzug ins Ausland. Ein solcher erfordert eine gründliche Planung und möglicherweise Anpassung der Geschäftsstrukturen. Eine vorgelagerte Steuerplanung, vor allem im Hinblick auf immaterielle Werte, ist dabei unumgänglich, um potenzielle Steuerfallen zu vermeiden. Es empfiehlt sich daher, frühzeitig eine steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. IV. Fazit Die steuerlichen Fallstricke für Influencer und Content-Creator sind vielschichtig. Behördliche Kontrollen der steuerrelevanten Verhältnisse nehmen zudem zu. Eine vorausschauende und fundierte steuerliche Beratung ist unerlässlich, um Fallstricke zu vermeiden und auf der sicheren Seite zu bleiben. Haben Sie Zweifel oder vermuten Sie sogar bereits steuerliche Probleme, so sollten Sie nicht zögern und frühzeitig professionelle Unterstützung in Anspruch nehmen. Gerne stehen wir Ihnen mit zur Seite – sowohl bei der präventiven Planung als auch bei der Begleitung von Selbstanzeigen oder sonstigen steuerlichen Fragestellungen rund um Ihre Tätigkeit. Füllen Sie gerne unser Kontaktformular aus. Autoren: Dr. Eric Hoeveler und Melissa Maas

Ein nach dem 20. Juli 2025 verbleibender Hinweis auf die Streitbeilegungsplattform der Europäischen Union (EU) im Impressum einer Website ist irreführend und kann Anlass für Abmahnungen sein. I. Aktueller Handlungsbedarf: Hinweis entfernen Viele Unternehmen verweisen auf ihrer Website auf die EU-Streitbeilegungsplattform. Dieser Hinweis befindet sich zumeist im Impressum einer Homepage oder in E-Mail-Signaturen. Die Plattform wurde jedoch zum 20. Juli 2025 endgültig abgeschaltet. Ein entsprechender Hinweis ist damit nicht nur überholt, sondern kann auch rechtliche Risiken nach sich ziehen. II. Hintergrund zur EU-Streitbeilegungsplattform Die Europäische Plattform für Online-Streitbeilegung sollte Verbraucher und Unternehmen bei der außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten unterstützen. Unternehmen mit Sitz in der EU waren bisher verpflichtet, den Link zur Plattform auf ihrer Website zu platzieren – dies erfolgte in der Regel im Impressum. Als Folge der Nichtbeachtung dieser Pflicht konnten Abmahnungen durch Mitbewerber oder Verbraucherverbände ausgesprochen werden. Mit Aufhebung der Verordnung über Online-Streitbeilegung wurde auch die EU-Plattform abgeschaltet, sodass die entsprechende Hinweispflicht für Unternehmen entfällt. III. Rechtliche Risiken durch veraltete Angaben Trotz ihrer Abschaltung zum 20. Juli 2025 finden sich auf vielen Websites noch Hinweise und Links zur EU-Streitbeilegungsplattform. Diese Informationen sind nicht nur überflüssig, sondern können als irreführende geschäftliche Handlung gewertet und infolgedessen mit Abmahnungen geahndet werden. IV. Empfohlene Maßnahmen Ein noch vorhandener Hinweis auf die EU-Streitbeilegungsplattform sollte daher umgehend aus dem Impressum der Website eines Unternehmens entfernt werden. Auch andere Stellen, etwa E-Mail-Signaturen oder vorgefertigte Textbausteine, sind auf entsprechende Verweise zu prüfen. Wichtig: Der allgemeine Hinweis auf die Teilnahme oder Nichtteilnahme an einem Streitbeilegungsverfahren vor einer Verbraucherschlichtungsstelle bleibt weiterhin erforderlich. V. Fazit Die EU-Streitbeilegungsplattform wurde abgeschafft, sodass die Hinweispflicht entfällt. Ein verbliebener Hinweis auf der Website kann zu Abmahnungen führen und sollte daher schnellstmöglich entfernt werden. Eine zeitnahe Überarbeitung des Impressums und weiterer betroffener Stellen schützt vor rechtlichen Konsequenzen. Bei Fragen hierzu können Sie gerne unser Kontaktformular ausfüllen oder sich an Frau Elena Beeretz wenden. Wir unterstützen Sie gerne.

I. Einleitung Seit dem 1. Januar 2025 gelten für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung nach § 19 UStG neue Grenzen, die einer laufenden Überwachung bedürfen. Mussten Kleinunternehmer bisher bei Überschreiten der Umsatzgrenzen im laufenden Kalenderjahr erst ab dem folgenden Kalenderjahr Umsatzsteuer in ihren Rechnungen ausweisen, muss nun bereits mit dem Umsatz, der die Grenzen überschreitet, unterjährig Umsatzsteuer in Rechnung gestellt werden. Außerdem sind ab Überschreiten der Kleinunternehmergrenzen regelmäßige Voranmeldungen an das Finanzamt zu übermitteln. II. Die Einzelheiten im Überblick 1. Grundsätze zur Kleinunternehmerregelung Unternehmer, die im vorangegangenen Kalenderjahr die Umsätze im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG bis zum Betrag von € 25.000 (bisher: € 22.000) erzielen und im laufenden Kalenderjahr die Umsatzgrenze von € 100.000 (bisher: € 50.000) nicht überschreiten, sind Kleinunternehmer. Ihre Umsätze sind von der Umsatzsteuer befreit. Sie dürfen aber im Gegenzug auch keinen Vorsteuerabzug aus Eingangsrechnungen in Anspruch nehmen. 2. Steuerfreiheit der Umsätze Die Umsätze im Rahmen der neuen Kleinunternehmerregelung ab 2025 gelten als steuerfrei und nicht mehr lediglich als „nicht erhoben“ im Sinne der bisherigen Rechtslage. Diese rechtliche Einordnung hat bedeutsame umsatzsteuerliche Konsequenzen. Ein auf der Rechnung gesondert ausgewiesener Umsatzsteuerbetrag stellt nunmehr einen unrichtigen Steuerausweis im Sinne des § 14c Abs. 1 UStG dar und nicht mehr, wie bisher, einen unberechtigten Steuerausweis gemäß § 14c Abs. 2 UStG. Dies bedeutet, dass der Unternehmer die falsch ausgewiesene Umsatzsteuer gegenüber dem Finanzamt schuldet. Darüber hinaus entfällt der Vorsteuerabzug – wie auch in der bisherigen Regelung – für Eingangsleistungen, die der Unternehmer zur Ausführung dieser steuerfreien Umsätze verwendet. Dies ergibt sich aus § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG, wonach der Vorsteuerabzug bei Lieferungen und sonstige Leistungen, die für steuerfreie Umsätze verwendet werden, grundsätzlich ausgeschlossen ist. 3. Vereinfachte Rechnungsstellung ab dem 1. Januar 2025 Ab dem 1. Januar 2025 gelten neue Regelungen bezüglich der Rechnungsstellung für Kleinunternehmer. Diese können nun gemäß § 34a UStDV sogenannte vereinfachte Rechnungen ausstellen. In diesen Rechnungen dürfen bestimmte Pflichtangaben (wie zum Beispiel die Rechnungsnummer oder das Leistungsdatum) entfallen. Darüber hinaus sind Kleinunternehmer nicht verpflichtet, elektronische Rechnungen im Sinne der neuen E-Rechnungspflicht auszustellen. Unabhängig von der gewählten Form der Rechnung ist jedoch zwingend ein Hinweis auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung gem. § 19 UStG erforderlich. 4. Auswirkungen bei Überschreiten der Umsatzgrenzen ab dem 1. Januar 2025 Wird die Umsatzgrenze von € 100.000 im laufenden Jahr überschritten, entfällt die Steuerbefreiung unmittelbar. Der Umsatz, mit dem die Grenze erstmals überschritten wird, unterliegt der Regelbesteuerung. Alle bis zu diesem Zeitpunkt ausgeführten Umsätze bleiben weiterhin steuerfrei. Ab Überschreiten der Grenze gelten für alle weiteren Umsätze die allgemeinen umsatzsteuerlichen Vorschriften, insbesondere hinsichtlich der Rechnungsstellung nach § 14 UStG, des Vorsteuerabzugs nach § 15 UStG sowie der Abgabe von Umsatzsteuervoranmeldungen nach § 18 UStG. 5. Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung ab dem 1. Januar 2025 Auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung kann verzichtet werden. Dann darf die Vorsteuer aus den Eingangsrechnungen abgezogen werden, gleichzeitig müssen jedoch Rechnungen mit Umsatzsteuer gestellt werden. Zudem kommen weitere Aufgaben, wie die Erstellung von monatlichen oder quartalsweisen Umsatzsteuervoranmeldungen und jährlichen Umsatzsteuererklärungen auf den Unternehmer zu. Die Erklärung auf den Verzicht auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung (§ 19 Abs. 3 S. 1 UStG) gegenüber dem zuständigen Finanzamt kann formlos erfolgen. Dieser Verzicht ist bis spätestens zum Ablauf des Monats Februar des zweiten auf den betreffenden Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahres möglich. Die Verzichtserklärung bindet den Unternehmer gem. § 19 Abs. 3 S. 3 UStG für einen Zeitraum von fünf Kalenderjahren an die Regelbesteuerung. Nach Ablauf dieser Frist bleibt die Regelbesteuerung weiterhin anwendbar, bis der Unternehmer den Verzicht ausdrücklich widerruft. Ein solcher Widerruf ist frühestens nach Ablauf der Fünfjahresfrist zulässig. III. Fazit Für Sie als Unternehmer, der die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nimmt, ist daher Folgendes in der Praxis zu beachten: Erstellen Sie bereits laufend unterjährig eine Übersicht über die in Rechnung gestellten Umsätze. Der Umsatz, der die Grenze von € 100.000 überschreitet, ist umsatzsteuerpflichtig und Sie müssen eine Rechnung mit allen Pflichtangaben und unter Ausweis des richtigen Steuersatzes erstellen. Eine laufende Umsatzüberwachung mithilfe einer monatlichen Buchführung kann hierfür sinnvoll sein. Achten Sie stets darauf, dass Sie bei Inanspruchnahme der Kleinunternehmerregelung keine Umsatzsteuer auf Ihren Rechnungen ausweisen, da Sie einerseits nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, Sie andererseits aber durch diese falsche Angabe dazu verpflichtet wären, die Umsatzsteuer an das Finanzamt zu entrichten. Sie sind dazu verpflichtet in Ihren Rechnungen auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung hinzuweisen. Eine einfache Formulierung („steuerfreier Kleinunternehmer“) reicht hierbei aus. Beachten Sie, dass Sie als Kleinunternehmer in der Lage sein müssen, E-Rechnungen zu empfangen. Das Ausstellen von E-Rechnungen durch den Kleinunternehmer ist hingegen ein Wahlrecht. Bei Fragen zur Überwachung der Umsatzgrenzen, Fragen zur Rechnungsstellung oder Fragen zur Möglichkeit des Verzichts auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung können Sie sich gerne an Ihren Pelka-Berater oder Frau Marie-Christine Schröder wenden. Wir unterstützen Sie gerne.

I. Einleitung Der Bundesrat hat am 11.07.2025 dem vom Bundestag am 04.06.2025 beschlossenen „Gesetzesentwurf für ein steuerliches Investitionsprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ zugestimmt. Ziel des Gesetzes ist es, den Wirtschaftsstandort Deutschland nach zwei Jahren ohne Wirtschaftswachstum wieder attraktiver zu machen. Aufgrund des Förderprogramms sind Mindereinnahmen bei Bund, Ländern und Kommunen in Höhe von bis zu 48 Milliarden Euro zu erwarten. Die voraussichtlichen Steuerausfälle werden bis einschließlich 2029 in voller Höhe vom Bund übernommen. Darüber hinaus investiert der Bund zur Entlastung der Länder zwischen 2026 und 2029 zusätzlich acht Milliarden Euro in Kitas, andere Bildungseinrichtungen sowie Krankenhäuser. Insgesamt rechnet der Bund jedoch damit, dass die Steuereinnahmen durch Investitionen insgesamt steigen werden. Nachfolgend möchten wir Ihnen einen kurzen Überblick über die wichtigsten Regelungen des Gesetzes, das auch „Wachstums- oder Innovations-Booster“ genannt wird, verschaffen: II. Die Einzelheiten im Überblick 1. “Investitions-Booster“ durch degressive Abschreibungen Unternehmen haben wieder die Möglichkeit, höhere Abschreibungen für die Anschaffung oder Herstellung beweglicher, abnutzbarer Wirtschaftsgüter in Anspruch zu nehmen. Die erhöhte Abschreibung ist auf bewegliche Wirtschaftsgüter, die im Zeitraum vom 01.07.2025 bis 31.12.2027 angeschafft bzw. hergestellt werden, begrenzt. Sie gilt nicht für unbewegliche und immaterielle Wirtschaftsgüter. Ein bewegliches Wirtschaftsgut, wie z. B. eine Maschine, kann aufgrund der Neuregelung mit bis zum Dreifachen der jeweiligen jährlichen linearen AfA, maximal bis zu 30% der Anschaffungskosten abgeschrieben werden. In den Folgejahren können jeweils bis zu 30% des jeweiligen Restbuchwertes abgeschrieben werden. Die Möglichkeit der höheren Abschreibung soll die Unternehmen in der unmittelbaren Phase nach einer Investition entlasten und so weitere Neuinvestitionen fördern. 2. Steuerliche Entlastung für Unternehmen 2.1 Senkung der Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften Die Steuerbelastung für Kapitalgesellschaften wird gesenkt. So verringert sich die Körperschaftsteuer ab dem Jahr 2028 jährlich um jeweils 1% von aktuell 15% auf 10% im Jahr 2032. Diese Maßnahme soll den Unternehmen vor allem mehr Planungssicherheit geben. Darüber hinaus wird mit der Senkung der durchschnittlichen Gesamtsteuerbelastung (Körperschaftsteuer, Solidaritätszuschlag und Gewerbesteuer) von derzeit rd. 30% auf rd. 25% die Liquidität der Unternehmen gesteigert. 2.2 Senkung der Steuerbelastung für Einzelunternehmer und Personengesellschaften: Soweit Gewinne nicht entnommen wurden, konnten diese bislang wahlweise mit dem persönlichen Steuersatz besteuert oder – auf Antrag – mit dem ermäßigten Steuersatz von 28,25% besteuert werden (Thesaurierungsbesteuerung für Gewinne aus Gewerbebetrieb oder aus selbständigen Einkünften). Aufgrund der sukzessiven Senkung des Körperschaftsteuersatzes von 15% auf 10% wird der Steuersatz für die Thesaurierungsbesteuerung ebenfalls gesenkt und zwar für die Jahre 2028 und 2029 auf 27%, 2030 und 2031 auf 26% und ab 2032 auf 25%. Hier weisen wir auf die Nachversteuerung späterer Entnahmen hin; diese sollen jedoch nicht mit dem Spitzensteuersatz versteuert werden. 3. Investitions-Booster für E-Mobilität bei Unternehmen 3.1 Degressive Abschreibung mit fallenden Staffelsätzen: Im Jahr der Anschaffung rein elektrisch betriebener Fahrzeuge, die zum Anlagevermögen gehören, können nun bis zu 75 % der Anschaffungskosten abgeschrieben werden. In den Folgejahren sinkt der jeweiligen Abschreibungssatz auf 10% im zweiten Jahr, auf 5% im dritten und vierten Jahr, auf 3% im fünften Jahr und auf 2% im sechsten Jahr. Diese Neuregelung gilt nicht nur für Pkw, sondern auch für sämtliche Nutzfahrzeuge, soweit sie rein elektrisch betrieben werden. Darüber hinaus kann die degressive Abschreibung mit fallenden Staffelsätzen für Anschaffungen ab dem 01.07.2025 bis zum 31.12.2027 in Anspruch genommen werden. 3.2 Erhöhung der Bruttolistenpreisgrenze für E-Dienstwagen Die Obergrenze für die Bemessungsgrundlage von Elektrofahrzeugen, die mit 0,25% statt 1,0% des Listenpreises zu versteuern sind, wird von EUR 70.000,00 auf EUR 100.000,00 erhöht. 4. Begünstigungen der steuerlichen Forschungszulage Die steuerliche Forschungszulage wurde erstmalig mit dem Gesetz zur steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung vom 14.12.2019 eingeführt. Sie soll den Investitionsstandort Deutschland stärken und die Forschungsaktivitäten v. a. kleiner und mittlerer Unternehmen fördern. Gefördert werden insbesondere Forschungs- und Entwicklungsvorhaben, soweit sie einer oder mehreren Kategorien der Grundlagenforschung, industriellen Forschung oder experimentellen Entwicklung zuzuordnen sind. Die Höhe der Forschungszulage richtet sich nach den jeweils förderfähigen Aufwendungen. Die Obergrenze der förderfähigen Bemessungsgrundlage von bisher 10 Mio. EUR wird ab dem Jahr 2026 auf 12 Mio. EUR pro Jahr erhöht. Darüber hinaus wurden die förderfähigen Aufwendungen erweitert. Künftig können Gemein- und Betriebskosten mit 20% der förderfähigen Personalkosten berücksichtigt werden. Zudem beträgt der förderfähige Stundensatz für erbrachte Eigenleistungen künftig 100 EUR statt bisher 70 EUR. Diese Maßnahmen sollen insbesondere Investitionsanreize in Forschung und Innovation bieten. III. Fazit Ein „Gesetz für ein steuerliches Investitionsprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland“ war vor dem Hintergrund ausbleibenden Wirtschaftswachstums sicherlich längst überfällig. Nach der nun erfolgten Zustimmung des Bundesrats kann das Gesetz ausgefertigt und verkündet werden. Es tritt am Tag der Verkündung in Kraft. Die Änderungen des Forschungszulagengesetzes treten ab 01.01.2026 in Kraft. Unternehmen haben mit der in Kürze zu erwartenden Verkündung des Gesetzes - zumindest für die nächsten Jahre - mehr Planungssicherheit für Investitionen. Inwieweit die Maßnahmen tatsächlich zum erhofften „Investitions-Booster“ und damit zur Stärkung der Attraktivität sowie der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland führen, hängt sicherlich nicht nur von innenpolitischen, sondern auch von außenpolitischen Faktoren ab und bleibt daher abzuwarten. Wenn Sie Fragen zu den einzelnen „Booster-Maßnahmen“ haben oder wie sich diese konkret in Ihrem Unternehmen umsetzen lassen, setzen Sie sich mit Ihrem Pelka-Berater oder Herrn Robin Schuh in Verbindung. Gerne können Sie auch unser Kontaktformular ausfüllen.

I. Einleitung Erbschaften und Schenkungen unterliegen in Deutschland grundsätzlich der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer. Was unter einer Erbschaft bzw. einem „Erwerb von Todes wegen“ zu verstehen ist, ist dabei den meisten Steuerpflichtigen geläufig. Was alles als steuerrechtliche Schenkung anzusehen ist, kann hingegen schwieriger zu bestimmen sein. So drängt es sich beispielsweise nicht sogleich auf, dass auch die im Alltag unter Verwandten nicht selten anzutreffende zinslose oder verbilligte Gewährung eines Darlehens einen schenkungsteuerlich relevanten Vorgang bilden kann. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in diesem Zusammenhang jüngst zur Bemessung der Schenkungsteuer bei niedrig verzinsten Darlehen geurteilt. Nachfolgend sollen die steuerrechtlichen Hintergründe kurz erläutert werden. II. Hintergrund: Schenkungsteuer bei vorteilhaften Darlehen 1. Zinslose/zu niedrig verzinste Darlehen als freigebige Zuwendungen Schenkungen unterliegen grundsätzlich der Schenkungsteuer. Das Gesetz definiert in § 7 ErbStG, was alles unter den steuerrechtlichen Begriff der Schenkung fällt. Ausgangspunkt ist dabei nach § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird. Darunter fallen seit jeher auch zinslose oder zu niedrig verzinste Darlehen, auch wenn eine Rückzahlung erfolgen muss. Gegenstand dieses Geschenks ist das Recht, das als Darlehen gewährte Kapital zu einem niedrigen Zinssatz als marktüblich/zinslos zu nutzen. Der Wert dieses Nutzungsvorteils bemisst sich daher in solchen Fällen nach dem Zinsvorteil, der sich aus der Differenz des vereinbarten Zinssatzes mit dem sich aus § 15 Abs. 1 BewG ergebenden Zinssatz ergibt. Danach ist, wenn kein anderer Wert feststeht, grundsätzlich von dem gemeinen Wert der Nutzung i.H.v. 5,5% auszugehen. Wird eine Geldsumme auf unbestimmte Zeit zinslos bzw. verbilligt überlassen, so wird der Geldbetrag mit dem gesetzlich vorgegebenen Zinssatz i.H.v. 5,5% und dem gesetzlichen Faktor 9,3 multipliziert. Beispiel: Großmutter G gewährt ihrem Enkel E für den Erwerb von Grundbesitz ein Darlehen i.H.v. € 500.000. Es wird vereinbart, dass die Summe nicht zu verzinsen ist und die Rückzahlung dann erfolgen solle, „wenn es gerade passt“. Ein marktüblicher Zinssatz kann nicht ermittelt werden. Im Jahr der Gewährung des Darlehens ergibt sich nach den oben genannten Grundsätzen eine anzeigepflichtige Schenkung i.H.v. € 255.750 (€ 500.000 * 5,5% * 9,3). Das Finanzamt würde nach Anzeige des Erwerbs und unter Berücksichtigung des alle zehn Jahre zur Verfügung stehenden Freibetrags und der gesetzlich vorgesehenen Abrundung des Betrags auf volle Hundert Schenkungsteuer i.H.v. € 3.899 ((€ 255.700 – Freibetrag € 200.000) * Steuersatz 7%) festsetzen. 2. Steuernachforderung auch nach Jahrzehnten vom Finanzamt möglich Für die Schenkungsteuer gibt es Besonderheiten bei der Festsetzungsverjährung. Die Festsetzungsverjährung hat Einfluss darauf, bis wann das Finanzamt spätestens nachträglich Schenkungsteuer festsetzen kann. Je nach Sachverhalt beträgt diese Frist vier, fünf oder zehn Jahre. Für die Schenkungsteuer beginnt diese Frist aber erst mit Ablauf des Jahres, in dem der Schenker gestorben oder die Finanzbehörde von der vollzogenen Schenkung Kenntnis erlangt hat. Dies kann je nach Sachverhalt dazu führen, dass die Festsetzungsfrist erst sehr spät in Gang gesetzt wird, sodass das Finanzamt mitunter auch bei Schenkungen, die bereits Jahrzehnte zurückliegen, noch nachträglich Schenkungsteuer festsetzen kann, sollte eine gesetzlich vorgesehene Anzeige der Schenkung wissentlich oder unwissentlich unterblieben sein. III. Urteil des Bundesfinanzhofs 1. Sachverhalt Mit Darlehensvertrag vom 03.11.2016 erhielt der spätere Kläger von seiner Schwester ein Darlehen i.H.v. € 1.875.768,05 ausgezahlt. Es wurde eine jährliche Verzinsung von 1% vereinbart. Die Darlehensvereinbarung sah zudem vor, dass das Darlehen auf unbestimmte Zeit gewährt wird und mit einer Frist von zwölf Monaten erstmals zum 31.12.2019 gekündigt werden kann. Das Finanzamt setzte Schenkungsteuer i.H.v. € 229.500 fest. Es ermittelte diesen Wert, indem es den schenkungsteuerpflichtigen Erwerb i.H.v. € 785.008 ansetzte. Der schenkungsteuerliche Erwerb ist das Produkt aus der überlassenen Geldsumme und der Zinsdifferenz aus dem vorgegebenen Zinssatz von 5,5% und dem tatsächlichen Zinssatz von 1% und dem gesetzlichen Vervielfältiger für eine unbestimmte Laufzeit von 9,3: € 1.875.768,05 * 4,5% * 9,3 = € 785.008. Der Kläger legte hiergegen u.a. mit der Begründung Einspruch ein, dass für seinen Fall ein marktüblicher Zinssatz von 2,67% bis 2,81% zur Bestimmung der Zinsdifferenz feststehe und daher anzusetzen sei. Entsprechend sei eine Zinsdifferenz von 1,67% bis 1,81% (2,67/2,81% abzüglich vereinbarte Verzinsung von 1%) zur Ermittlung des schenkungsteuerpflichtigen Erwerbs anzusetzen. Das Finanzamt und später das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern folgten dieser Argumentation nicht, da zwar ein durchschnittlicher Zinssatz von 2,81% für wirtschaftlich Selbständige feststehe, es aber nicht erkennbar sei, dass der Kläger auf dem Kapitalmarkt eine vergleichbare Finanzierung zu einem niedrigeren Zinssatz habe erhalten können. 2. Entscheidungsgründe Der BFH hingegen stützte mit seinem Urteil die Ansicht des Klägers (BFH-Urteil v. 31.07.2024, Az. II R 20/22). Es sei widersprüchlich von Finanzamt und Finanzgericht gewesen, auf der einen Seite festzustellen, dass im maßgeblichen Zeitraum der durchschnittliche Zinssatz für vergleichbare Personen (wirtschaftlich Selbständige) effektiv bei 2,81% gelegen habe, auf der anderen Seite, dass ein niedriger als der in § 15 Abs. 1 BewG festgelegte Zinssatz nicht feststehe. Das Gesetz sehe in § 15 Abs. 1 BewG lediglich vor, dass 5,5% anzusetzen sind, wenn kein anderer Wert feststeht. Die Feststellung eines anderen Werts kann dabei auf verschiedene Art erfolgen, es ist nicht zwingend erforderlich, dass der Steuerpflichtige den anderen Zinssatz nachweisen müsse. Dies stehe auch nicht im Widerspruch zu vorheriger BFH-Rechtsprechung, denn die bisherige BFH-Rechtsprechung hat lediglich betont, dass kein allgemeiner marktüblicher Zinssatz herangezogen werden könne, bei dem nicht bekannt sei, ob die zugrundeliegenden Darlehen zu vergleichbaren Bedingungen abgeschlossen wurden wie das tatsächlich vereinbarte Darlehen. Dadurch werde aber nicht ausgeschlossen, dass ein marktüblicher Zinssatz heranzuziehen ist, wenn das Finanzgericht diesen bei Vergleichbarkeit der dem Darlehen zugrundeliegenden Bedingungen festgestellt hat. Daher kann auf der Grundlage des festgestellten Zinssatzes von 2,81% für einen Fall wie dem streitgegenständlichen ein Nutzungsvorteil durch die Zinsdifferenz von 1,81% (2,81% abzüglich der vereinbarten 1%) pro Jahr angesetzt werden. Der Wert der Bereicherung war daher mit € 315.748,02 (€ 1.875.768,05 * 1,81% * 9,3) zu ermitteln, unter Berücksichtigung der weiteren Umstände des Falls waren entsprechend € 59.140 Schenkungsteuer festzusetzen. IV. Fazit Dass insbesondere zwischen Verwandten Darlehen vergünstigt oder zinsfrei gewährt werden, ist keine Ausnahmeerscheinung. Sollte in diesem Zusammenhang eine Anzeige an das Finanzamt versehentlich unterblieben sein, kann aufgrund des sehr späten Beginns der Festsetzungsverjährung die „Sache nicht ausgesessen werden“. Das BFH-Urteil ermöglicht es indes nun durch Nachweis eines niedrigeren marktüblichen Zinssatzes den Wert der Schenkung und damit die Höhe der etwaigen Schenkungsteuer spürbar zu reduzieren. Insbesondere vor dem Hintergrund der zurückliegenden langen Niedrigzinsphase ist die Entscheidung des BFH zu begrüßen.

In der zunehmend digitalisierten Arbeitswelt verarbeiten Unternehmen große Mengen sensibler Daten, insbesondere im Personalwesen. Diese Daten unterliegen besonderen Schutzanforderungen, um Missbrauch vorzubeugen. Die Datenschutz-Grundverordnung (DS-GVO) verpflichtet dazu, Daten nur so lange zu speichern, wie es für den jeweiligen Zweck erforderlich ist. Ein strukturiertes Löschkonzept für Personaldokumente ist deshalb ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Datenschutzstrategien. Ein Löschkonzept ist eine Planaufstellung, die den spezifischen Datenkategorien individuelle, auf das verantwortliche Unternehmen zugeschnittene Speicherfristen zuweist und so Transparenz und Rechtssicherheit schafft. I. Rechtlicher Rahmen Nach Art. 17 Abs. 1 DS-GVO haben betroffene Personen das Recht, die unverzügliche Löschung ihrer personenbezogenen Daten zu verlangen, wenn einer der in der Norm genannten Gründe vorliegt. Besonders relevant ist der Fall, dass der Zweck für die Erhebung oder Verarbeitung der Daten nach Art. 17 Abs. 1 a) DS-GVO entfallen und eine weitere Speicherung nicht mehr erforderlich ist. Dieses sogenannte „Recht auf Vergessenwerden“ verpflichtet Unternehmen dazu, Daten aktiv zu löschen, sobald sie nicht mehr benötigt werden. Dem gegenüber steht das Bedürfnis, Daten für gewisse Zeiträume zu bewahren. Solche Aufbewahrungsfristen ergeben sich insbesondere aus dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG), der Abgabenordnung (AO) und dem Handelsgesetzbuch (HGB). Aus diesen Gesetzen lassen sich Mindestaufbewahrungszeiten ableiten, die durch Unternehmen zwingend einzuhalten sind, woraus wiederum auf den Zeitpunkt der Löschung geschlossen werden kann. Darüber hinaus können sich Fristen auch mittelbar aus anderen gesetzlichen Regelungen ergeben. II. Risiken ohne Löschkonzept Unternehmen, die kein systematisches Löschkonzept implementiert haben, setzen sich dem Risiko aus, gegen datenschutzrechtliche Vorgaben zu verstoßen, indem sie die Daten zu früh löschen oder zu lange aufbewahren. In der Folge können Datenschutzaufsichtsbehörden Bußgelder verhängen. Bereits bei geringfügigen Verfehlungen sind Sanktionen möglich; bei schwerwiegenden Verstößen drohen Bußgelder, die bis zu 20 Millionen Euro oder vier Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens betragen können. Betroffene Personen haben außerdem Anspruch auf Schadensersatz, wenn ihnen durch die unzulässige Datenverarbeitung ein materieller oder immaterieller Schaden entstanden ist. Insbesondere bei einer hohen Anzahl Betroffener kann dies zu beträchtlichen finanziellen Belastungen führen. Sogar strafrechtliche Konsequenzen sind denkbar: Wird der Verstoß mit Bereicherungsabsicht begangen, kann dies mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren geahndet werden. Auch praktische Auswirkungen sind nicht zu unterschätzen: Überlang gespeicherte Datenmengen können IT-Systeme belasten, Speicherplatz blockieren und Arbeitsprozesse verlangsamen – etwa, wenn die Suche nach relevanten Informationen unverhältnismäßig viel Zeit in Anspruch nimmt. III. Vorteile eines Löschkonzeptes Ein strukturiertes Löschkonzept dokumentiert nicht nur die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, sondern signalisiert auch Problembewusstsein gegenüber der zuständigen Aufsichtsbehörde. Sollte es dennoch zu Verstößen gegen datenschutzrechtliche Lösch- und Aufbewahrungsfristen kommen, ist mit milderen Sanktionen zu rechnen, da das Verschulden des Verantwortlichen und ergriffene Präventivmaßnahmen im Rahmen des behördlichen Ermessens gemäß Art. 83 Abs. 2 Satz 2 DS-GVO berücksichtigt werden. Zudem bietet ein Löschkonzept mit klaren Handlungsanweisungen Transparenz und Rechtssicherheit für Betroffene sowie für die zur Löschung verantwortlichen Personen. Es stellt sicher, dass sowohl die Rechte betroffener Personen als auch die rechtlichen Interessen des Unternehmens gewahrt werden. IV. Umsetzung eines Löschkonzepts Die Nutzung eines allgemeingültigen Musters als Löschkonzept ist nicht zweckmäßig, da die Fristen individuell auf die Prozesse und Datenstrukturen des jeweiligen Unternehmens angepasst werden müssen. Die Konzeptentwicklung sollte die folgenden Schritte umfassen. 1. Bestandsaufnahme Zunächst müssen alle im Unternehmen vorhandenen personenbezogenen Daten identifiziert und kategorisiert werden. Die Klassifizierung ist insbesondere nach Art und Sensibilität der Daten vorzunehmen. 2. Aufbewahrungs- und Löschfristen Nach Erfassung der gesetzlich vorgegebenen Aufbewahrungs- und Löschfristen sind auf das Unternehmen abgestimmte interne Fristen festzulegen. Diese sollten zum einen dem Bedürfnis auf Aufbewahrung – zum Beispiel für eine spätere rechtliche Auseinandersetzung – und zum anderen dem Recht der betroffenen Person auf rechtzeitige Löschung ihrer Daten gerecht werden. 3. Form der Aufbewahrung Je nach Dokumentenart gelten unterschiedliche Anforderungen an die Form der Aufbewahrung, welche im Konzept benannt werden sollten. So ist beispielsweise ein Kündigungsschreiben nach § 623 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Schriftform aufzubewahren, während eine Abmahnung auch in elektronischer Form gespeichert werden kann. 4. Verantwortlichkeit Darüber hinaus sollten klare Zuständigkeiten zur Überwachung der Fristen und Ausführung der Löschvorgänge festgelegt werden. 5. Dokumentation Damit im Bedarfsfall die erforderlichen Nachweise erbracht werden können, sollten sämtliche Löschvorgänge nachvollziehbar protokolliert werden. 6. Schulung der Mitarbeiter Verantwortliche Personen, insbesondere Mitarbeitende der Personalabteilung und der IT sowie Führungskräfte, sollten regelmäßig geschult und in ihrem datenschutzrechtlichen Bewusstsein sensibilisiert werden. V. Aufbewahrung von Personaldokumenten. Im Bereich des Personalwesens gelten für verschiedene Dokumente stark voneinander abweichende Speicherfristen. Da der Zweck der Aufbewahrung nur für einen kurzen Zeitraum besteht, sind etwa Bewerbungsunterlagen grundsätzlich nur für eine Dauer von drei bis sechs Monaten aufzubewahren, sofern keine Einstellung erfolgt. Dies ergibt sich unter anderem aus der zweimonatigen Frist zur Geltendmachung von Entschädigungs- oder Schadensersatzansprüchen aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Demgegenüber sollten Dokumente, die Leistungsansprüche aus der betrieblichen Altersvorsorge begründen, bis zu 30 Jahre aufbewahrt werden, da derartige Ansprüche gemäß § 18a Satz 1 des Betriebsrentengesetzes (BetrAVG) erst nach Ablauf dieser Zeitspanne verjähren. Eine ebenfalls lange Frist gilt beispielsweise für die Archivierung von Lohnunterlagen mit Bezug zu der betrieblichen Gewinnermittlung, welche nach den Vorgaben der Abgabenordnung für bis zu zehn Jahre aufzubewahren sind. VI. Abmahnungen in der Personalakte Insbesondere die Aufbewahrung und Vernichtung von Abmahnungen bereitet Unklarheiten, wenn kein konkretes Konzept besteht. Hier besteht keine gesetzliche Vorgabe zur Speicherung oder Löschung und eine analoge Anwendung vergleichbarer Regelungen kommt ebenso wenig in Betracht. Fest steht, dass eine Abmahnung dann aus der Personalakte zu löschen ist, wenn auf der einen Seite ihre Warnfunktion verwirkt ist und auf der anderen Seite kein länger andauernder Speicherzweck besteht. Die Warnfunktion der Abmahnung besteht nicht unendlich, da insbesondere leichte Pflichtverletzungen im menschlichen Zusammenleben hinzunehmen sind. Sämtliche Zwecke zur Speicherung entfallen, wenn die Abmahnung für die Beendigung oder Durchführung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr erforderlich ist. Nach der Rechtsprechung ist die Dauer der Verwirkung abhängig von der Schwere eines Verstoßes. Während die Abmahnung wegen einer einfachen Pflichtverletzung bereits nach 16 Monaten verwirken kann, beträgt diese Frist bei sehr schweren Pflichtverletzungen im Einzelfall zehn Jahre oder länger. Indiz für die Dauer ist insbesondere die Zerrüttung des Vertrauensverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie das Bestehen von vorherigen, gleichartigen Pflichtverletzungen. In Anbetracht dieser vielfältigen Zeitspannen ist es wichtig, individuelle Regelungen im Unternehmen zu erarbeiten. VII. Fazit Mit dem am 01.01.2025 in Kraft getretenen Bürokratieentlastungsgesetz wurden einige Aufbewahrungsfristen verkürzt. Da die gesetzlichen Vorgaben sich im ständigen Wandel befinden, neue Datenarten entwickelt werden und zusätzliche Cyber-Bedrohungen entstehen, sollte auch ein Konzept zur Datenlöschung regelmäßig überprüft und angepasst werden. Ein durchdachtes Löschkonzept für Personaldokumente bietet Rechtsklarheit, Effizienz und Datensicherheit. Unternehmen sollten daher frühzeitig handeln und Löschprozesse in ihre Personal- und IT-Systeme integrieren. Wir unterstützen Sie gerne bei der Erarbeitung eines Löschkonzeptes für Ihr Unternehmen. Füllen Sie hierzu gerne unser Kontaktformular aus.

Mit Urteil vom 28.01.2025 hat das Bundesarbeitsgericht (BAG, Az: 9 AZR 48/24) entschieden, dass Arbeitgeber Entgeltabrechnungen wirksam erteilen können, indem sie diese in ein digitales Mitarbeiterpostfach einstellen. Das BAG stellte klar, dass auf diese Weise der gesetzlich vorgeschriebenen Textform im Sinne des § 126b BGB Genüge getan werde. Die Einrichtung eines digitalen Mitarbeiterpostfachs entspreche auch den Anforderungen des § 108 GewO. Es bestehe kein Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen in Papierform. Vielmehr begründe der gesetzliche Anspruch auf Erteilung einer Entgeltabrechnung eine Holschuld, die der Arbeitgeber grundsätzlich dadurch erfüllen könne, dass er die Abrechnung in ein passwortgeschütztes digitales Mitarbeiterpostfach einstelle. I. Sachverhalt und Hintergründe Im dem Verfahren, das dem BAG-Urteil zugrunde liegt, hatte sich eine Arbeitnehmerin dagegen gewehrt, dass ihre Abrechnung nur digital in ihr Postfach eingestellt wurde. Sie vertrat die Auffassung, ihr Anspruch auf Erteilung von Entgeltabrechnungen sei durch die Bereitstellung elektronischer Entgeltabrechnungen in einem digitalen Mitarbeiterpostfach nicht erfüllt worden. Aus § 108 Abs. 1 GewO folge die Notwendigkeit der postalischen Übermittlung. Außerdem hätte sie der Verwendung eines Mitarbeiterpostfaches vor dessen Inbetriebnahme zustimmen müssen. Dem stehe allerdings ihr ausdrücklich erklärter Widerspruch entgegen. Die Klägerin beantragte, ihr auch weiterhin ihre Abrechnungen postalisch zu übermitteln. Die Beklagte begründet ihren Klageabweisungsantrag damit, dass § 108 Abs. 1 GewO kein Zugangserfordernis im Sinne des § 130 Abs. 1 BGB vorgebe. Es sei daher ausreichend, wenn dem Mitarbeiter die Möglichkeit gegeben werde, über ein digitales Postfach auf seine Entgeltabrechnungen zuzugreifen. Das im vorliegenden Fall verwendete Programm stelle eine ausreichende Empfangsvorrichtung dar, die mit einem Briefkasten im Machtbereich des Mitarbeiters vergleichbar sei. Nachdem erstinstanzlich beim Arbeitsgericht zuungunsten der Klägerin entschieden worden war, gab das Landesarbeitsgericht Niedersachsen der Klage der Klägerin statt. Das BAG sah die Revision der Beklagten als begründet an und hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf. Das Landesarbeitsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass die Beklagte den Anspruch der Klägerin aus § 108 Abs. 1 GewO auf Erteilung der Entgeltabrechnungen nicht durch die Einstellung in das digitale Mitarbeiterpostfach erfüllt habe. Es bestehe kein Anspruch auf Erteilung von Abrechnungen in Papierform. II. Erteilung von Entgeltabrechnungen unter Berücksichtigung von § 108 GewO, § 126b BGB und § 130 BGB Gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO ist dem Arbeitnehmer bei Zahlung des Arbeitsentgelts eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Nach Satz 2 muss eine solche Abrechnung mindestens Angaben zu Abrechnungszeitraum und Zusammensetzung des Arbeitsentgelts enthalten. Nach Auffassung des BAG setzt § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO aber nicht voraus, dass die Lohnabrechnung dem Arbeitnehmer entsprechend § 130 Abs. 1 BGB zugehen müsse. Bei Entgeltabrechnungen handele es sich um Wissenserklärungen, auf die § 130 Abs. 1 BGB keine Anwendung finde. Nach § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO sei die Lohnabrechnung „zu erteilen“. Dies lasse sich als „zuteilwerden lassen“, „zukommen lassen“ lesen und enthalte demzufolge nicht das Erfordernis des Zugangs. Mit der Einstellung der Abrechnungen in ein digitales Postfach lasse der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Abrechnung zukommen, sodass die Voraussetzung des § 108 Abs. 1 GewO erfüllt sei. Der Arbeitgeber komme seiner Verpflichtung aus § 108 Abs. 1 Satz 1 GewO nach, indem er die Abrechnungen in ein digitales Mitarbeiterpostfach einstelle. Auf einen Zugang gem. § 130 Abs. 1 BGB komme es nicht an. Ferner sei es irrelevant, ob der Verwendung eines Mitarbeiterpostfachs zugestimmt werde. Soweit durch Gesetz Textform vorgeben sei, werde diese gem. § 126b BGB dadurch gewahrt, dass auf einem dauerhaften Datenträger eine lesbare Erklärung abgegeben werde, in der die Person des Erklärenden genannt sei. Ein dauerhafter Datenträger sei jedes Medium, das es dem Empfänger ermögliche, eine sich auf diesem befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärungen so aufzubewahren oder zu speichern, dass er darauf zugreifen und die gespeicherte Erklärung unverändert wiedergeben könne. Diese Voraussetzungen seien durch ein digitales Mitarbeiterpostfach erfüllt. Aufgrund datenschutzrechtlicher Mechanismen wie Benutzernamen und Passwörtern, erhielten die Mitarbeiter einen sicheren Speicherbereich für die Entgeltabrechnungen, den der Arbeitgeber nicht nachträglich abändern könne. Durch die Einstellung in ein digitales Postfach werde dem Mitarbeiter auch ausreichend transparent mitgeteilt, warum gerade der genannte Betrag ausgezahlt werde. Darüber hinaus erfülle die digitale Einstellung von Lohnabrechnungen auch in örtlicher Hinsicht die Voraussetzungen des § 108 GewO. Beim Anspruch auf Erteilung einer Lohnabrechnung nach § 108 Abs. 1 GewO handele es sich um eine Holschuld, bei der Leistungshandlung und -erfolg in der Sphäre des Arbeitgebers liegen würden. Demnach seien Arbeitspapiere vom Arbeitnehmer grundsätzlich in der Niederlassung des Arbeitgebers abzuholen. Dies betreffe alle Dokumente, die der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer über das Arbeitsverhältnis zu erteilen habe. Der Arbeitgeber sei somit von seiner Leistungspflicht befreit, wenn er die Leistung bereitstelle. Dafür genüge auch das digitale Mitarbeiterpostfach. Der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, dafür Sorge zu tragen, dass die Abrechnungen dem Mitarbeiter auch tatsächlich zugehen. Allerdings habe der Arbeitgeber die Pflicht, solchen Beschäftigten, die keine eigene Möglichkeit zum digitalen Abruf haben, die Möglichkeiten zu gewähren, den Abruf z.B. im Betrieb vorzunehmen. III. Fazit Das Urteil führt zu einer deutlichen Erleichterung für den Arbeitgeber bzw. die lohnabrechnende Stelle. Der Arbeitgeber ist nicht mehr verpflichtet, alle Abrechnungen auszudrucken und per Post an seine Arbeitnehmer zu versenden. Auch wenn viele Arbeitgeber in den letzten Jahren bereits auf digitale Abrechnungen umgestellt haben, wird diese Praxis doch erst durch das Urteil des BAG rechtssicher. Die digitale Abrechnung ist nur ein Beispiel dafür, dass die Digitalisierung in der Lohnabrechnung schon lange Einzug gehalten hat. Gerade der Bereich der Lohnbuchhaltung erfordert aber auch einen rechtssicheren und effizienten Prozess, der für beide Seiten hinreichend nachvollziehbar ist. Wenn Sie sich mit digitalen Entgeltabrechnungen beschäftigen oder darüber nachdenken, wie sich Ihre Entgeltabrechnung effizienter gestalten lässt, helfen wir Ihnen gerne weiter. Unser „Team Lohn“, das aus sieben hochqualifizierten Mitarbeitern besteht, berät Sie zuverlässig, transparent und rechtssicher im Bereich der Lohnbuchhaltung und hilft Ihnen bei allen Fragen, die sich in diesem Zusammenhang ergeben können, gerne weiter. Füllen Sie hierzu gerne unser Kontaktformular aus.

Mit seinem Urteil vom 09.01.2025 (C 394/23) hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) neue Aspekte der Diskussion um den Datenschutz im digitalen Raum beleuchtet. Gegenstand des Verfahrens war die Wahl einer binären Anrede beim Online-Ticketkauf, die Kunden verpflichtete, zwischen den Optionen „Herr“ oder „Frau“ zu wählen – ohne Möglichkeit, das Feld offen zu lassen oder alternative Bezeichnungen auszuwählen. Das Urteil befasst sich mit den Anforderungen an die Datenverarbeitung nach der Datenschutz-Grundverordnung (DS GVO) und der inklusiven Gestaltung digitaler Geschäftsprozesse. I. Ausgangslage: Binäre Anrede beim Online-Ticketkauf Im zugrundeliegenden Fall ging es um den Online-Verkauf von Bahnfahrten, bei welchem die Nutzer im Rahmen ihrer Buchung zwingend eine geschlechtsspezifische Anrede angeben mussten. Anders als bei vielen Online-Formularen, die alternative Optionen wie „divers“ oder „keine Angabe“ zur Verfügung stellen, wurde hier ausschließlich die Auswahl zwischen „Herr“ und „Frau“ angeboten. Der EuGH hinterfragte, ob die Datenverarbeitung – in diesem Fall die Angabe einer Anrede – für den Abschluss des Vertrags erforderlich ist. Auslegung der DS-GVO Die zuvor befasste französische Datenschutzbehörde lehnte den Antrag auf Überprüfung der binären Anrede ab. Sie war der Ansicht, Online-Ticketverkäufe seien Teil des geschäftlichen Alltags, sodass weite Maßstäbe anzulegen seien. Der EuGH hingegen vertrat eine wesentlich restriktivere Auslegung der DS GVO und lehnte im vorliegenden Fall letztendlich die datenschutzrechtliche Zulässigkeit einer binären Anrede ab. In seinem Urteil überprüfte er die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung im Hinblick auf Art. 6 Abs. 1 lit. a), b) und f) DS-GVO. II. Datenverarbeitung zur Erfüllung des Vertrages Nach Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO kann die Verarbeitung von Daten zur Erfüllung des Vertrags erforderlich sein. Der EuGH hat hierzu mehrfach klargestellt, dass die Datenverarbeitung zur Vertragserfüllung objektiv unerlässlich sein und die verantwortliche Person nachweisen muss, dass der Vertrag ausschließlich durch die entsprechende Verarbeitung erfüllt werden kann. Die bloße Erleichterung der Vertragsabwicklung reicht nicht aus. Das bedeutet für den vorliegenden Fall, dass die vertraglichen Dienstleistungen so beschaffen sein müssten, dass sie sich nur an eine bestimmte Geschlechtsidentität richten – ein Kriterium, das in den seltensten Buchungsszenarien gegeben sein dürfte. Die Gegenseite brachte vor, dass die Verarbeitung in Form der binären Anrede unerlässlich sei, um den Bedürfnissen der Reisenden gerecht zu werden, beispielsweise bei Platzreservierungen für Frauen in Nachtzügen. Weiter entspräche die Anrede mit „Herr“ oder „Frau“ der gängigen Verkehrssitte. Nach dem EuGH fehlt es an dieser Notwendigkeit. Zum einen beträfen nicht alle Ticketbuchungen Nachtzüge und zum anderen gäbe es neben der binären Anrede andere Möglichkeiten der Ansprache. Demnach ließe sich die vorliegende Datenverarbeitung nicht auf Art. 6 Abs. 1 lit. b) DS-GVO stützen. III. Datenverarbeitung zur Wahrung berechtigter Interessen Die Zulässigkeit der Verarbeitung könnte sich aber aus der Wahrung berechtigter Interessen nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO ergeben. Dazu müsste die verantwortliche Person nachweisen, dass ihrerseits berechtigte Interessen bestehen, die die Datenverarbeitung erforderlich machen und sich in einer Interessenabwägung im konkreten Einzelfall keine überwiegenden Interessen der betroffenen Personen ergeben. Das berechtigte Interesse ist weit zu fassen und umfasst grundsätzlich alle anerkannten, nicht rechtswidrigen Belange der Verantwortlichen. Marketingzwecke oder geschäftliche Konventionen können also derartige Interessen darstellen. Ein Erfordernis der Datenverarbeitung ist allerdings nur dann zu bejahen, wenn das berechtigte Interesse nicht ebenso wirksam mit anderen, weniger eingriffsintensiven Mitteln in zumutbarer Weise erreicht werden kann. Alternativ zur Verwendung der binären Anrede könnte im vorliegenden Fall eine allgemeine Ansprache gewählt oder ein Freitextfeld zur Verfügung gestellt werden. Jedenfalls überwiegen aber die Interessen der betroffenen Personen, sodass die Interessenabwägung – in welcher auf Seiten der Betroffenen insbesondere das Recht auf Achtung des Privatlebens und auf Schutz personenbezogener Daten zu berücksichtigen sind – gegen eine Verarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DS-GVO spricht. Personen mit einer nicht binären Geschlechtsidentität sind nach dem BVerfG in der Gesellschaft besonders schützenswert (vgl. BVerfG, Beschl. v. 10.10.2017 – 1 BvR 2019/16). IV. Datenverarbeitung nach Einwilligung Das Gericht beleuchtete auch die Möglichkeit einer Einwilligung in die Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 lit. a) DS-GVO. Deren Zulässigkeit im konkreten Fall ließ der EuGH in seiner Entscheidung offen, verwies aber auf die praktischen Schwierigkeiten einer Einwilligung in die Datenverarbeitung im Rahmen des Buchungsprozesses. Im Hinblick auf den Grundsatz der Datenminimierung aus Art. 5 Abs. 1 lit. c) DS-GVO könnten nutzerfreundliche Abläufe gefährdet werden. Darüber hinaus könnte eine Einwilligung in die Datenverarbeitung durch die betroffene Person jederzeit widerrufen werden, sodass es sich hierbei um eine wenig praktikable Lösung handele. V. Verbandsinitiative und Vorabentscheidungsverfahren Eine Besonderheit des Falles bestand darin, dass die Initiative zur Einleitung des Ausgangsverfahrens nicht von einer betroffenen natürlichen Person, sondern von einem französischen Verband ausging, welcher sich gegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts oder der sexuellen Orientierung einsetzt. Nach Art. 80 DS-GVO können die Mitgliedsstaaten bei der Verletzung von Datenschutzrechten auch Klagen und Beschwerden von Verbänden zulassen, was sowohl im französischen als auch im deutschen Recht umgesetzt wurde. Das nationale Gericht ersuchte sodann den EuGH um Auslegung der DS-GVO im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens gemäß Art. 267 AEUV. VI. Sanktionen und Bußgelder bis zu 20 Millionen Euro Die zuständige Aufsichtsbehörde kann bei Verstößen gegen Art. 6 DS-GVO weitreichende Maßnahmen ergreifen. Neben der Verwarnung des Unternehmens oder der Anweisung zur Berichtigung und Löschung der Daten können nach Art. 83 DS-GVO Bußgelder in Höhe von bis zu 20 Millionen Euro oder 4 Prozent des Jahresumsatzes eines Unternehmens verhängt werden. Darüber hinaus können betroffene Personen gemäß Art. 82 DS-GVO Ersatz für die Schäden verlangen, die ihnen durch die ungerechtfertigte Verarbeitung ihrer Daten entstanden sind. Auch die öffentliche Wahrnehmung spielt eine entscheidende Rolle: Die Bekanntmachung eines Verstoßes kann zu einem erheblichen Reputationsverlust für das Unternehmen führen und das Vertrauen der Kunden nachhaltig erschüttern. VII. Auswirkungen auf den Online-Handel Das Urteil des EuGH könnte wesentliche Auswirkungen auf den Online-Handel haben. Unternehmen sind dazu angehalten, ihre Formulare und Datenverarbeitungsprozesse anzupassen, um deren datenschutzrechtliche Zulässigkeit und gesellschaftliche Inklusivität zu gewährleisten und teure Bußgelder sowie Imageschäden zu vermeiden. Dies gilt nicht nur für den Online-Ticketverkauf, sondern lässt sich auch auf andere Geschäftsmodelle, bei denen personenbezogene Daten erhoben werden, erweitern. Zur Umsetzung der Vorgaben des EuGH könnte die Frage nach der Geschlechtsidentität entfernt und durch neutrale Anredeformen – zum Beispiel „Guten Tag“ – ersetzt werden. Alternativ könnte das im Rahmen einer Buchung auftretende Feld zur Anrede insoweit umgestaltet werden, dass Unternehmen den Nutzern ein Freitextfeld zur Verfügung oder weitere Optionen – beispielsweise „divers“ oder „keine Angabe“ – zur Auswahl stellen. VIII. Fazit Der EuGH stellt in seinem Urteil klar, dass die verpflichtende Auswahl einer binären Anrede nicht mit den Prinzipien der DS-GVO vereinbar ist, sofern keine unerlässliche Notwendigkeit einer solchen Ansprache für die Erfüllung und Durchführung des Vertrages besteht. Die Anforderungen an die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung im Sinne von Art. 6 Abs. 1 DS-GVO sind demnach eng auszulegen. Unternehmen sollten daher ihre Datenverarbeitungsprozesse kontrollieren und unklare oder pauschale Abfragen nicht ohne vorherige datenschutzrechtliche Prüfung einsetzen. Schließlich öffnet das Urteil Raum für weiterführende Diskussionen zur zukünftigen Ausrichtung der Verarbeitung personenbezogener Daten und verdeutlicht, dass zur Gewährung von Datenschutz im digitalen Zeitalter Anpassungsfähigkeit gefordert wird. Sie möchten mehr dazu erfahren und sich mit uns in Verbindung setzen? Nehmen Sie gerne z.B. über unser Kontaktformular Kontakt mit uns auf.

Mit dem Koalitionsvertrag „Verantwortung für Deutschland“ haben die Regierungsparteien (CDU, CSU und SPD) ihre steuerpolitische Agenda für die kommende Legislaturperiode vorgestellt. Neben Reformen im Unternehmenssteuerrecht setzt der Vertrag auch auf finanzielle Entlastungen für Privatpersonen, die Förderung von Investitionen und Digitalisierung sowie erste Schritte in Richtung Bürokratieabbau. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Vorhaben im Steuerbereich verständlich zusammen. I. Änderungen im Unternehmenssteuerrecht Ein zentrales Anliegen der neuen Koalition ist die Anpassung der steuerlichen Rahmenbedingungen für Unternehmen, die Regierung plant in diesem Bereich: a) Senkung der Körperschaftsteuer: Ab 2028 soll der Körperschaftsteuersatz – also die Steuer, die Kapitalgesellschaften auf ihre Gewinne zahlen – in fünf Schritten jährlich um einen Prozentpunkt gesenkt werden. Bis 2032 würde der Satz somit von 15% auf 10 % fallen. b) Einheitliche Besteuerung von Neugründungen: Geprüft werden soll außerdem, ob ab 2027 alle neu gegründeten Unternehmen – unabhängig von ihrer Rechtsform – pauschal der Körperschaftsteuer unterliegen können. Dann würde für alle jungen Betriebe zunächst das gleiche Steuerregime gelten, egal ob sie als GmbH, Einzelunternehmen oder Personengesellschaft starten. c) Investitions-Booster: Für die Jahre 2025 bis 2027 ist eine degressive Abschreibung in Höhe von 30 Prozent auf Ausrüstungsinvestitionen geplant – etwa für die Anschaffung von Maschinen oder technischen Geräten. Unternehmen können so einen größeren Teil der Anschaffungskosten direkt im ersten Jahr steuerlich geltend machen. Die Koalition möchte so Investitionen ankurbeln. d) Anhebung des Mindesthebesatzes bei der Gewerbesteuer: Um innerdeutsche „Steueroasen“ zu vermeiden, soll der Mindesthebesatz der Gewerbesteuer von 200 % auf 280 % steigen. Damit sollen alle Kommunen verpflichtet werden, ein gewisses Mindestmaß an Gewerbesteuer zu erheben – das sorgt für fairere Wettbewerbsbedingungen zwischen den Städten und Gemeinden. Für Unternehmen bedeutet dies jedoch unter Umständen eine höhere Gewerbesteuer. e) Modernisierung der Besteuerung von Personengesellschaften und Einzelunternehmen: Auch bei der Besteuerung von Personengesellschaften – also zum Beispiel bei einer GbR, OHG oder KG – und Einzelunternehmen kündigt die Koalition Verbesserungen an. Konkret geht es um steuerliche Sonderregelungen, namentlich um die sogenannte Thesaurierungsbegünstigung nach § 34a EStG, bei der eine Verschiebung der Besteuerung in die Zukunft möglich wird, sowie das sogenannte Optionsmodell nach § 1a KStG, bei dem insbesondere Personengesellschaften freiwillig wie Kapitalgesellschaften besteuert werden können. Was genau verbessert werden soll, bleibt im Koalitionsvertrag allerdings unklar. f) Einfuhrumsatzsteuer Verrechnungsmodell: Die Koalition plant, die bisherige Vorauszahlung der Einfuhrumsatzsteuer abzuschaffen. Stattdessen soll ein Verrechnungsmodell eingeführt werden. Es ist geplant, dass das Unternehmen statt Geld an den Zoll zu überweisen und später über das Finanzamt zurückzuerhalten, die fällige Einfuhrumsatzsteuer einfach mit der regulären Umsatzsteuerschuld verrechnet wird. Das könnte Unternehmen Liquidität und Zeit sparen. II. Steuerpläne für Privatpersonen Auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer sowie Rentnerinnen und Rentner sieht der Koalitionsvertrag steuerliche Entlastungen vor: a) Einkommensteuer: Für kleine und mittlere Einkommen plant die Regierung eine Senkung der Einkommensteuer – allerdings erst in der zweiten Hälfte der Legislaturperiode. Wann genau und in welchem Umfang diese Entlastung kommen soll, bleibt im Koalitionsvertrag allerdings offen. b) Steuerfreie Überstundenzuschläge: Zuschläge für Überstunden, die über die reguläre vertraglich oder tariflich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen, sollen künftig steuerfrei sein. Damit will die Regierung Anreize für zusätzliche Arbeitsleistung schaffen. c) Anreize für längeres Arbeiten im Alter: Wer über das gesetzliche Renteneintrittsalter hinaus arbeitet, soll bis zu 2.000 Euro monatlich steuerfrei verdienen dürfen. Damit sollen ältere Arbeitnehmer ermutigt werden, freiwillig länger im Berufsleben zu bleiben. d) Teilzeit auf Vollzeit: Prämien, die Arbeitgeber zahlen, wenn Beschäftigte von Teilzeit in Vollzeit wechseln, sollen steuerlich begünstigt werden – vorausgesetzt ist aber wohl, dass die neue Vollzeitstelle sich an geltenden Tarifverträgen orientiert. So soll mehr Arbeitskraft aktiviert und dem Fachkräftemangel begegnet werden. e) Arbeitstagepauschale: Geplant ist zudem die Einführung einer Arbeitstagepauschale, mit der Werbungskosten für Arbeitnehmer pauschal erfasst werden sollen. Wie diese neue Pauschale konkret ausgestaltet wird und welche bisherigen Abzugsmöglichkeiten dadurch möglicherweise entfallen, ist derzeit ebenfalls unklar. III. Digitalisierung und Bürokratieabbau Die neue Regierung setzt auf Vereinfachung und Digitalisierung im Steuerrecht: a) Selbstveranlagung für Unternehmen: Körperschaften und Personengesellschaften sollen künftig ihre Steuererklärungen eigenverantwortlich erstellen und einreichen – die sogenannte Selbstveranlagung soll schrittweise eingeführt werden. b) Mehr digitale Steuererklärungen: Die elektronische Abgabe von Steuererklärungen soll zur Regel werden. Für einfache Fälle sind zudem automatisierte und vorausgefüllte Steuererklärungen geplant – ein Schritt hin zu weniger Aufwand für Steuerpflichtige. IV. Umsatzsteuersatz für Speisen Der Umsatzsteuersatz für Speisen in der Gastronomie soll ab Januar 2026 dauerhaft auf 7% reduziert werden. Mit dieser Maßnahme will die Regierung die wirtschaftliche Stabilität der Gastronomiebetriebe sichern und Arbeitsplätze in der Branche erhalten. Die Absenkung war ursprünglich als Krisenmaßnahme eingeführt worden – nun soll sie als strukturelle Unterstützung dauerhaft bestehen bleiben. V. Mitarbeiterkapitalbeteiligung Beschäftigte sollen künftig stärker am Unternehmenserfolg beteiligt werden können. Die Regierung plant, die sogenannten Mitarbeiterkapitalbeteiligungen durch einfachere steuerliche und sozialversicherungsrechtliche Regelungen attraktiver zu machen. Konkrete Maßnahmen sind im Koalitionsvertrag allerdings noch nicht genannt. VI. Stromsteuer Zur kurzfristigen Entlastung der Bürgerinnen und Bürger plant die Koalition eine Senkung der Stromsteuer für Unternehmen und Verbraucher auf das europarechtlich zulässige Mindestmaß. Ziel ist eine Reduzierung des Strompreises um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde. VII. Förderung von E-Mobilität und Mobilität allgemein a) E-Mobilität: Die steuerliche Förderung von Elektro-Dienstwagen soll ausgeweitet werden. Dazu soll die Preisgrenze für begünstigte Fahrzeuge auf 100.000 Euro angehoben werden. Außerdem sind eine Sonderabschreibung für Elektrofahrzeuge sowie eine Kfz-Steuerbefreiung bis 2035 vorgesehen. b) Pendlerpauschale: Ab dem Jahr 2026 soll die Pendlerpauschale auf 38 Cent pro Kilometer ab dem ersten Kilometer erhöht werden. VIII. Solidaritätszuschlag Der Solidaritätszuschlag soll weiterhin bestehen bleiben – daran ändert sich auch mit dem neuen Koalitionsvertrag nichts. Diese Entscheidung steht im Einklang mit einem aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 26.03.2025. Das Gericht hat klargestellt, dass der Gesetzgeber nicht verpflichtet ist, den „Soli“ vollständig abzuschaffen. Die Bundesregierung sieht insofern keinen Handlungsbedarf. Eine Änderung an der bestehenden Regelung wird es nicht geben. Fazit: Viel Ankündigungen – Wenig Konkretes Der Koalitionsvertrag 2025 enthält zahlreiche steuerpolitische Vorhaben, darunter Entlastungen, Investitionsanreize und Digitalisierungsschritte. Allerdings bleiben viele dieser Vorhaben bislang auf der Ebene von Absichtserklärungen. Wie und ob sie konkret umgesetzt werden, ist offen und wird sich erst im Laufe der Legislaturperiode zeigen. Steuerpflichtige – ob privat oder unternehmerisch – sollten daher aufmerksam bleiben und die weitere Entwicklung genau verfolgen. Sollten Sie zu den steuerlichen Themen Fragen haben oder eine individuelle Beratung wünschen, stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung. Nehmen Sie hierzu Kontakt zu unserem Kollegen Nils Pinzke auf oder f üllen Sie das Kontaktformular aus. Wir danken unserem Rechtsreferendar Jan Haupt für die tatkräftige Unterstützung zu diesem Beitrag.